Indonesien:Insel-Ausflug mit einer Ansage

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Die Regierung in Jakarta lässt Chinas Provokationen vor seiner Küste nicht länger unbeantwortet. Der Präsident besuchte deshalb die Natuna-Inseln.

Von Arne Perras, Singapur

Mit schwarzer Schirmmütze und schwarzer Windjacke trat der indonesische Präsident vor die Mikrofone, eigentlich hätte er gar nicht mehr viel sagen müssen bei seinem jüngsten Inselbesuch. Die Reise selbst war schon die Botschaft: Joko Widodo, genannt Jokowi, ließ sich ans äußerste nördliche Ende des riesigen indonesischen Archipels fliegen, um durch seine Präsenz Flagge zu zeigen. Dem Staatschef ging es darum, unmissverständlich klar zu machen, dass er immer und überall ein Auge auf die Natuna-Inseln haben wird. Locker im Auftritt, unnachgiebig in der Sache. So endete der demonstrative Ausflug des indonesischen Präsidenten auf den Ozean. Und es gab keinen Zweifel, für wen das Signal bestimmt war.

Etwa 1100 Kilometer nördlich der Natunas verteilen sich die Spratly Islands im Südchinesischen Meer, wo China künstliche Seestützpunkte aufgeschüttet hat und sich seit Jahren mit mehreren Staaten Südostasiens um territoriale Ansprüche streitet. Eigentlich war Indonesien nie geneigt, sich in maritime Streitigkeiten mit Peking hineinziehen zu lassen. Aber dann schien es aus Sicht Jakartas doch nicht mehr möglich zu sein, sich zurückzuhalten. 2016 kam es zu drei Zwischenfällen mit chinesischen Schiffen rund um die Natuna-Inseln.

"Ich bin hier, um unsere souveränen Rechte auf unsere natürlichen maritimen Ressourcen innerhalb der EEZ einzufordern", erklärte Widodo bei seinem Besuch in dieser Woche. EEZ, dieses Kürzel steht nach internationalem Seerecht für die "Exclusive Economic Zone", einen Streifen, der sich vor der jeweiligen Küste oder vor einer Insel 200 nautische Seemeilen ins Meer hinaus erstreckt. In der Zone haben Staaten exklusive Nutzungsrechte auf Bodenschätze und für die Fischerei.

Zwar stellt Peking Indonesiens Souveränität über die Natuna-Inseln nicht infrage, aber China missachtet konsequent den Anspruch auf die 200-Meilen-Zone, diese nämlich überlappt mit der von China propagierten sogenannten "Nine-Dash-Line", einer in Südostasien berüchtigten gestrichelten Grenzlinie, mit der Peking nahezu das gesamte Südchinesische Meer beansprucht.

Ein von den Philippinen in Den Haag beantragter Schiedsspruch kam zu dem Ergebnis, dass Chinas Ansprüche keine rechtliche Grundlage haben. Nur dass Peking die Rechtsprechung nicht akzeptiert. Und sich so verhält, als habe es sie nie gegeben.

Kurz nach Weihnachten schreckte die Großmacht nun Jakarta auf, als bis zu 63 Fischerboote in der Gegend der Natunas auftauchten, begleitet von mindestens zwei Schiffen der chinesischen Küstenwache. Den Vorstoß betrachtete Indonesien als eine Provokation, die nicht unbeantwortet bleiben durfte. Jakarta ließ vier F-16 Kampfjets aufsteigen und das Gebiet überfliegen, außerdem hat der Staat seinen Marineverband in der Region um vier Kriegsschiffe aufgestockt. Schon 2018 errichtete Indonesien einen neuen militärischen Stützpunkt auf dem nördlichsten Außenposten Natuna.

Analysten rätseln allerdings, warum Peking gerade jetzt die Provokation sucht. Womöglich handelt es sich um ein Austesten, ob Indonesien immer noch so kompromisslos gegen illegale Fischerei vorgeht wie zuvor. Gerade erst hat die populäre Fischereiministerin Susi Pudjiastuti ihr Amt an ihren Nachfolger übergeben, sie war bekannt dafür, dass sie immer wieder ausländische Fischerboote beschlagnahmte und Hunderte davon, auch chinesische, zur Abschreckung in die Luft sprengen ließ.

Pudjiastuti sitzt nun nicht mehr im Kabinett, was all jene Investoren freuen dürfte, die Indonesiens Küsten künftig stärker entwickeln wollen und es mit der Ökologie nicht so genau nehmen. Diesen Unternehmern war die Ministerin, die immer wieder als entschlossene Umweltschützerin aufgetreten war, im Wege gestanden.

China beruft sich rund um die Natunas auf die Nutzung traditioneller Fischereirechte, Indonesiens Außenministerin Retno Marsudi allerdings warnte: "Indonesien wird niemals die Neun-Striche-Linie anerkennen, die China beansprucht." Der indonesische General Sisriadi gab am Donnerstag schließlich bekannt, dass der entschlossene Auftritt des Präsidenten Wirkung gezeigt habe; alle illegalen Fischer hätten die EEZ inzwischen verlassen. Es klang nach einem kleinen vorläufigen Sieg. Unwahrscheinlich, dass es der letzte chinesische Test indonesischer Befindlichkeiten war.

© SZ vom 10.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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