Indien:Yoga oder raus

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BJP-Politiker Yogi Adityanath nach seinem Wahlsieg. (Foto: Pawan Kumar/Reuters)

Ein Hindu-Nationalist gewinnt die wichtigste Regionalwahl des Landes und regiert nun den Bundesstaat Uttar Pradesh. Liberale sind darüber entsetzt.

Von Arne Perras, Singapur

Ein Hindu-Eiferer wird Ministerpräsident im bevölkerungsreichsten in-dischen Bundesstaat Uttar Pradesh: Yogi Adityanath ist nach langen Beratungen zum neuen Regierungschef in Lucknow berufen worden, nachdem die Bharatiya Janata Party (BJP) von Premier Narendra Modi dort bei Wahlen im Februar einen deutlichen Sieg errungen hatte und nun drei Viertel aller Mandate besetzt.

Die Entscheidung dürfte vor allem die national-religiösen Anhänger des "Hindutva" zufriedenstellen. Diese Kräfte wollen Indien in ein Land verwandeln, das den Hinduismus zum Maß aller Dinge macht. Minderheiten und säkulare Kräfte in Indien haben Sorge, dass der Siegeszug der BJP in Uttar Pradesh die rechten Ideologen innerhalb der Volkspartei stärken und ihren Ideen weiteren Auftrieb verleihen könnte. Liberale Kritiker sind entsetzt, dass Modis Partei den hinduistischen Geistlichen nun an der Spitze der Regionalregierung befördert. Der Oppositionspolitiker Manish Tewari von der unterlegenen Kongress-Partei nannte den Priester einen "Vorboten weiterer Polarisierung", womit er vor allem auf Spannungen zwischen Hindus und Muslimen im Staat anspielte.

Von den mehr als 220 Millionen Einwohnern des Bundesstaates Uttar Pradesh ist fast jeder fünfte ein Muslim. Seitdem radikale Hindus 1992 eine alte Moschee in der Stadt Ayodyha niederrissen, die den Hindus als Geburtsstätte ihres Gottes Ram gilt, ist das Zusammenleben der Religionen im Bundesstaat erheblich komplizierter geworden. Adityanath, der in politischen Debatten immer wieder die religiöse Karte zieht, versichert nun, er werde in Uttar Pradesh dem "Weg der Entwicklung" folgen. Er griff damit einen Slogan auf, den Premierminister Narendra Modi häufig im Wahlkampf verwendete. Modi verspricht ein "neues Indien". Die Regionalwahl hat seine Position erheblich gestärkt und vergrößert nun seine Chance, 2019 die nationalen Wahlen Indiens erneut zu gewinnen.

Seit seinem Amtsantritt als Regierungschef in Delhi 2014 hatte Modi vor allem die Notwendigkeit hervorgehoben, das Land ökonomisch und sozial zu reformieren und zu entwickeln. Die ideologische Rechte in seinem Lager hat er mit dieser Modernisierungsrhetorik eher frustriert, manchmal sogar verstört. Sie warten seit Langem auf ein Zeichen der Anerkennung. Dass der bevölkerungsreichste Staat in Indien nun von einem Hindutva-Eiferer geführt wird, gilt als Zugeständnis an die Hardliner-Fraktion in der Partei, deren anti-muslimische Rhetorik mitgeholfen hat, die Hindu-Mehrheit hinter der BJP zu scharen.

Dem muslimischen Bollywood-Star Shah Rukh Khan hielt der 44-jährige Hindu-Priester einmal vor, er würde dieselbe Sprache sprechen wie ein pakistanischer Terrorist, außerdem prangerte er eine angebliche christliche Verschwörung an, die darauf abziele, Indien zu bekehren, was auch als Kritik an der Arbeit von Mutter Teresa gedeutet wurde. Und wer kein Yoga möge, der soll laut Adityanath das Land verlassen oder im Meer ertrinken. Der Geistliche, der meist in safrangelber Robe auftritt, leitete bisher einen Hindu-Tempel im Osten von Uttar Pradesh. Er betrachte "Religion und Politik als unterschiedliche Seiten derselben Medaille", schrieb die Hindustan Times.

© SZ vom 20.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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