Indien:Aufstand der Frauen

Weibliche Hindus haben eine alte Männerbastion gestürmt.

Von Arne Perras

Natürlich war das ein Akt des sozialen Aufstands: Zwei Frauen haben in Indien einen Tempel betreten, der jahrhundertelang eine Männerbastion war. Weiblichen Hindus im Alter von zehn bis 50 Jahren war der Zutritt strikt verboten, weil der Besuch gebärfähiger Frauen angeblich die Gottheit Ayyappan beleidigt und den Tempel unrein macht.

Jeder darf glauben, was er will. Aber auch für Gläubige muss gelten, dass sie nicht religiöse Regeln einfordern können, wenn diese Grundrechte anderer Menschen aushebeln. Das Verfassungsgericht hat im Herbst entschieden, dass Tradition nicht dafür herhalten darf, Frauen bei der Ausübung ihres Glaubens zu diskriminieren. Die Aktivistinnen, die sich nun in den Tempel wagten, haben das Recht hinter sich - und Millionen liberale Inderinnen, die Zutritt zum Tempel fordern.

Doch das Urteil der obersten Justiz rüttelt am Weltbild jener konservativ-religiösen Kreise, die auch die Regierungspartei BJP dominieren. Die Hindu-Nationalisten geben die Wächter alter Werte, so wollen sie die Wahlen 2019 gewinnen. Die Gesellschaft ist gespalten, das patriarchalische Indien und das progressive Indien prallen hart aufeinander. Politiker sollten den Funkenschlag mindern. Doch manche pusten leider in die Glut - weil sie glauben, dass sich Wahlsiege herbeizündeln lassen.

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