Süddeutsche Zeitung

Pandemie:Wieder Impfungen mit Astra Zeneca

Deutschland hebt den Stopp des Vakzins auf, weil die europäische Arzneimittelbehörde das Mittel als "sicher und wirksam" einstuft. Ein Warnhinweis soll jedoch über mögliche Risiken informieren.

Von Angelika Slavik, Berlin

Die Corona-Impfungen mit dem Vakzin des Herstellers Astra Zeneca werden in Deutschland an diesem Freitag wieder aufgenommen. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte am Donnerstagnachmittag mitgeteilt, man sei nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Impfstoff "sicher und wirksam" sei. Es sei in Zusammenhang mit der Impfung kein erhöhtes Thrombose-Risiko festgestellt worden, erklärte EMA-Direktorin Emer Cooke am späten Donnerstagnachmittag in Amsterdam. Die EMA hatte das Astra-Zeneca-Vakzin einer erneuten Überprüfung unterzogen, nachdem mehrere Fälle von Hirnvenen-Thrombosen gemeldet worden waren, die in zeitlicher Nähe zu einer Astra-Zeneca-Impfung aufgetreten waren.

In Deutschland wurden mittlerweile 13 Fälle gemeldet, drei Patienten starben. Im Verhältnis zu den insgesamt 1,6 Millionen verimpften Astra-Zeneca-Dosen gilt das als auffallend hohe Zahl. Auch in Dänemark wurden zehn Fälle registriert, darunter ein Todesfall. Es könne zwar nicht definitiv ausgeschlossen werden, dass es in bestimmten Fällen eine Verbindung gebe, sagte Cooke. Insgesamt überwiege der Nutzen des Präparates aber die Risiken. Es soll jedoch künftig einen Warnhinweis auf dem Beipackzettel geben, um medizinisches Personal und Patienten über ein mögliches Risiko zu informieren.

Nach der Entscheidung der EMA teilte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstagabend mit, dass der Impfstoff in Deutschland schon von diesem Freitag an wieder eingesetzt werden solle. Spahn hatte mit dem Verweis auf den Verdacht möglicher schwerer Nebenwirkungen den Einsatz des Astra-Zeneca-Impfstoffs am Montag gestoppt. Auch zahlreiche andere EU-Staaten hatten das Vakzin nicht mehr eingesetzt.

Spahns Entschluss zum Impfstopp hatte bereits vor der EMA-Entscheidung einige Kritik nach sich gezogen, nicht nur von der Opposition, sondern auch vom Koalitionspartner SPD: Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach nannte den Stopp einen "Fehler", der das Vertrauen in den Impfstoff immens beschädigen werde. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sagte, man hätte sich mit der Entscheidung mehr Zeit lassen sollen. "Was hätte dagegen gesprochen, den Impfstoff von Astra Zeneca bis zu einer Neubewertung durch die Europäische Arzneimittelagentur zu verimpfen?" Spahn wies die Kritik zurück: "Es war richtig, die Impfung mit Astra Zeneca vorsorglich auszusetzen, bis die auffällige Häufung der Fälle einer sehr, sehr seltenen Thromboseart analysiert worden ist." Die Bürger könnten darauf vertrauen, transparent informiert zu werden.

Am Freitag soll der Impfgipfel von Bund und Ländern nachgeholt werden: Die Gespräche über die weitere Organisation der Impfkampagne waren schon für Mittwoch geplant, wurden aber nach dem vorläufigen Stopp der Astra-Zeneca-Impfungen verschoben. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sprachen sich vor dem Gipfel dafür aus, auch Gespräche mit dem Hersteller des russischen Impfstoffs Sputnik V zu führen. Wenn man die Chance habe, darauf zurückzugreifen, sollte man das tun, sagte Müller. Der Impfstoff ist bislang nicht für die EU zugelassen.

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