Süddeutsche Zeitung

Republikaner nach dem Impeachment:Fest an der Seite Trumps

Im Amtsenthebungsverfahren konnte der Präsident sich auf seine Partei verlassen. Dass sich dieser nach seinem Freispruch nun zügeln wird, glauben nur wenige.

Von Alan Cassidy, Washington

Niemand in Washington hatte noch daran gezweifelt, wie das dritte Amtsenthebungsverfahren gegen einen US-Präsidenten zu Ende gehen würde. 49 Tage nach dem Impeachment durch das Repräsentantenhaus konnte Donald Trump am Mittwoch einen Sieg feiern: den Freispruch durch den Senat in beiden Anklagepunkten. Kein Machtmissbrauch, keine Behinderung des Kongresses. Und doch sorgte ein Mann für eine kleinere Überraschung: Mitt Romney. Der Senator aus Utah war der einzige Republikaner, der für eine Verurteilung Trumps stimmte, zumindest was den Anklagepunkt des Machtmissbrauchs betraf.

Der Präsident habe sich eines "entsetzlichen Verstoßes gegen das öffentliche Vertrauen" schuldig gemacht, sagte Romney in einer Ansprache im Saal. Was Trump getan habe, sei ein "offenkundiger Angriff auf unsere Wahlrechte, unsere nationale Sicherheit und Werte". Gemeinsam mit den 47 Senatoren der demokratischen Fraktion stimmte Romney schließlich dafür, Trump wegen Machtmissbrauchs schuldig zu sprechen. 52 Senatoren votierten dagegen.

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Trump ist das Impeachment damit los. Doch welche längerfristigen Folgen die Ereignisse der vergangenen Wochen für den Präsidenten und seine Partei haben werden, was sie für die Opposition bedeuten, wie sie das Machtgefüge verändern: Das ist alles noch nicht entschieden.

Gegen Ende des Prozesses wurde noch einmal überdeutlich, warum ein Schuldspruch politisch nie infrage kam. Die Republikaner haben für Trumps Verhalten gegenüber der Ukraine schon ein halbes Dutzend Erklärungen vorgebracht. Vor der Schlussabstimmung blieben im Wesentlichen noch zwei Argumentationslinien übrig. Die eifrigsten Unterstützer Trumps behaupten noch immer, er habe gar nichts Falsches getan. Der Präsident habe keine Untersuchung gegen einen politischen Gegner verlangt, sagte Senator Ted Cruz. Es sei ihm bloß um die Bekämpfung der Korruption in der Ukraine gegangen, in die der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden verwickelt sei.

Sind die Demokraten gescheitert? Mit dem Verfahren haben sie drei Ziele erreicht, sagt ein Beobachter

Das war die Art von bedingungsloser Verteidigung, die Trump von den Republikanern immer verlangt hat - und die sie ihm mehrheitlich geliefert haben, bis hinauf zum Mehrheitsführer Mitch McConnell. Die andere Argumentationslinie kam dagegen erst kürzlich auf, dann nämlich, als sich die erste Linie nicht mehr halten ließ. "Was er tat, war falsch", sagte Senator Lamar Alexander über Trumps Vorgehen. "Beschämend und falsch", nannte es Senatorin Lisa Murkowski. Dann bemängelten beide, dass das Verfahren entlang parteipolitischer Linien verlaufen war - ganz so, als hätten sie es als Republikaner nicht in der Hand gehabt, dies zu ändern. Konsequenzen wollte diese Fraktion auf jeden Fall keine ziehen: Trumps Taten rechtfertigten keine Amtsenthebung.

Sind die Demokraten also gescheitert? Ein parteinaher Beobachter stellt es im Gespräch so dar: Den Spitzen der Demokraten im Kongress sei stets bewusst gewesen, dass eine Amtsenthebung durch den Senat keine Option war. Mit dem Impeachment-Verfahren habe die Partei aber drei Ziele erreicht. Trumps Verhalten sei auf der größtmöglichen Bühne in den grellsten Farben ausgeleuchtet worden. Die Republikaner hätten sich durch die Weigerung, Zeugen vorzuladen, der Vertuschung schuldig gemacht, was besonders für jene Senatoren, die im Herbst zur Wiederwahl antreten müssen, gefährlich werden könnte. Und schließlich hätten einige Republikaner das Verhalten des Präsidenten immerhin öffentlich kritisiert, was sich im Wahlkampf als Munition verwerten lasse. Bestätigt sieht sich aber auch Trumps Lager, nicht zuletzt durch den Umstand, dass die Zustimmungswerte des Präsidenten zuletzt nach oben zeigten.

Eine offene Frage ist, wie nun Trump mit dem Freispruch umgehen wird. Die republikanische Senatorin Susan Collins, die zur kleinen Gruppe der sanften Trump-Kritiker gehört, sagte: Sie glaube, der Präsident habe aus dem Impeachment "eine ziemlich große Lektion" gelernt. Trump, von TV-Journalisten auf Collins' Äußerungen angesprochen, machte jedoch nicht den Anschein, als habe er seine Meinung geändert. Er habe nichts falsch gemacht. Es sei "ein perfekter Anruf" gewesen.

Viele in Washington weisen zudem darauf hin, dass sein umstrittenes Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij just einen Tag folgte, nachdem die Russland-Untersuchung mit dem Auftritt des Sonderermittlers Robert Mueller vor dem Kongress endgültig abgeschlossen war. Als er sich offenbar endlich befreit sah.

Fühlt sich Trump nach dem Ende des Impeachment-Verfahrens also in seinem Machtgebrauch erst recht ermuntert? Zumindest vielen Politikern bei den Demokraten fällt es schwer zu sehen, was den Präsidenten in Zukunft bremsen sollte. Der Senat, der diese Rolle traditionell am ehesten erfüllt, hat nicht erst in der Ukraine-Affäre gezeigt, dass er dem Präsidenten keine Zügel anlegen will. In den Gerichten sitzt eine Rekordzahl von Richtern, die von Trump ernannt wurden. Ihnen bleibt nur eine Hoffnung: die Wähler, die im November an die Urne gehen. Mit Spannung erwarten Politiker und Reporter in den USA ein Statement des Präsidenten zum "Sieg des Landes über die Impeachment-Lüge", das dieser für Donnerstag 12 Uhr Ortszeit ankündigte:

Susan Collins, die Senatorin, die zu Protokoll gegeben hatte, dass sie "glaube", Trump habe seine Lektion gelernt, korrigierte sich übrigens später auf Nachfrage eines Reporters. Sie hätte wohl besser sagen sollen, sie "hoffe" es, so Collins.

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SZ vom 06.02.2020/mxm
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