ImmobilienrechtGericht stärkt Rechte von Mietern

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Ein einmal vereinbarter Kündigungsschutz bleibt auch nach dem Verkauf kommunaler Wohnungen erhalten.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Der Bundesgerichtshof hat den Schutz von Mietern verbessert, die sich nach einem Verkauf kommunaler Wohnungen an Investoren gegen Mieterhöhungen oder Kündigungen zur Wehr setzen. Werden, wie vielfach üblich, bei solchen Verkäufen Schutzklauseln zugunsten der Mieter vereinbart, dann können sich diese unmittelbar darauf berufen - und zwar auch dann, wenn dies nicht im Mietvertrag steht, sondern nur im Kaufvertrag zwischen Stadt und Investor. Laut BGH handelt es sich hier um einen "Vertrag zugunsten Dritter" - womit der Mieter sich aus eigenem Recht gegen missbräuchliche Kündigungen wehren kann und nicht auf Hilfe der Stadt angewiesen ist.

Geklagt hatte ein Geschwisterpaar, das eine Immobilie in Bochum gekauft hatte und selbst im ersten Stock eingezogen war. Die Kläger hatten ihren Mietern gekündigt - einem gesundheitlich angeschlagenen ehemaligen Bergarbeiter und seiner Frau, die seit 1981 im Erdgeschoss wohnen. Die Wohnung liegt in einer Siedlung, die die Stadt Bochum in den 70er-Jahren von einem Bergwerksverein erworben hatte. Die Bergleute genossen lebenslanges Wohnrecht, so stand es sogar im Bergmann-Versorgungsschein des Mieters - und genau dies vereinbarte die Stadt auch mit den Käufern. Allerdings stand die Schutzklausel nur im Kaufvertrag, an dem der Mieter nun mal nicht beteiligt ist. "Eine suboptimale Lösung", räumte der Mieter-Anwalt Peter Baukelmann in der Verhandlung ein. "Besser wäre es gewesen, die Regelung in den Mietvertrag aufzunehmen."

Doch laut Urteil können sich die Mieter direkt auf die Klausel berufen. "Die Stadt Bochum hat alles Erdenkliche getan, um den Mietern ein lebenslanges Wohnrecht zu sichern", sagte die Senatsvorsitzende Karin Milger bei der Urteilsverkündung. Kündigungen wegen Eigenbedarfs oder zur angemessenen wirtschaftlichen Verwertung sind demnach ausgeschlossen; zulässig blieb die Kündigung aus "wichtigem Grund" - dafür muss sich aber ein Mieter einiges zuschulden kommen lassen.

Das Urteil gilt prinzipiell auch für den Verkauf kommunaler Wohnungen an Großinvestoren, wie er bis vor einigen Jahren noch üblich war; damals klagte man über Wohnungsleerstand. Zwischen 1999 und 2011 hat die öffentliche Hand ihren Wohnungsbestand um etwa 550 000 Wohnungen reduziert, das entspricht 17 Prozent. Oft wurde dabei zum Schutz der Mieter eine Sozialcharta vereinbart, etwa mit lebenslangem Wohnrecht für ältere Mieter oder mit zehnjährigem Kündigungsschutz. Inzwischen ist die Verkaufslust der Kommunen wegen der angespannten Wohnungsmärkte deutlich gebremst; man will die Wohnungen lieber behalten, um soziale Gestaltungsmöglichkeiten zu haben. Eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft empfahl aber kürzlich, wieder über den Verkauf kommunaler Wohnungen nachzudenken - weil die Preise hoch seien und Kommunen mit einem Schlag schuldenfrei werden könnten. Bundesweit verfügen kommunale Wohnungsgesellschaften danach derzeit über 2,3 Millionen Wohnungen.

© SZ vom 15.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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