Süddeutsche Zeitung

Immobilien:Bayern gegen alle

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Der Bund und 15 Länder sind sich einig bei der Reform der Grundsteuer. CSU-Ministerpräsident Söder allerdings sperrt sich und will einen eigenen Weg gehen.

Von Cerstin Gammelin und Wolfgang Wittl, Berlin/München

Bayern lehnt den von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und 15 Landesministern ausgehandelten Kompromiss zur Reform der Grundsteuer ab. "Das jetzige Konzept ist nicht zustimmungsfähig", sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) der Süddeutschen Zeitung. Er sehe zwei Grundbedingungen als nicht erfüllt an: Der Vorschlag von Scholz sei zu bürokratisch. Zudem schüre er die große Sorge vor Mieterhöhungen. "Wir wollen eine bürgerfreundliche Lösung", sagte Söder. Dazu sei ein Neuanfang der Verhandlungen nötig. "Die Jacke ist von Anfang an falsch eingeknöpft. Da hilft es nicht, jetzt einfach weiter zu knöpfen."

Am Donnerstagmittag waren in Berlin erneut Beratungen von Scholz mit den Länderfinanzministern über die neue Berechnung der Grundsteuer zu Ende gegangen. Die Länderminister hatten sich bis auf Bayern auf Eckpunkte für die Reform geeinigt und Bundesminister Scholz gebeten, nun einen Gesetzesvorschlag auszuarbeiten. Scholz sprach von einem "großen Meilenstein". Gegenüber den bisherigen Plänen solle es weitere Vereinfachungen geben. Auch Monika Heinold, Grünen-Finanzministerin aus Schleswig-Holstein, sprach von einem "deutlichen Schritt nach vorn". Sie warnte zugleich, die Reform dürfe "jetzt nicht an Bayern scheitern". Um das Gesetz durch das Bundeskabinett zu bringen, muss die CSU zustimmen.

Der CSU-Chef wies die Sorge umgehend zurück: "Wir wollen keine Generalblockade." Er kündigte an, am Donnerstag im Koalitionsausschuss in Berlin einen Vorschlag zu unterbreiten, wie eine für alle tragbare Lösung der Reform gefunden werden könnte, die vom Bundesverfassungsgericht gefordert wird. Er läuft darauf hinaus, den Finanzminister zu entmachten: Nicht mehr Scholz, sondern die Koalition soll für die Reform zuständig sein. "Wir müssen im Koalitionsausschuss entscheiden", sagte Söder. Er will dazu eine Arbeitsgruppe mit Partei- und Fraktionsspitzen gründen. Nach dem Treffen der Koalitionsspitzen am Donnerstagabend wurde allerdings deutlich, dass sich die Politiker nicht auf eine gemeinsame Linie verständigen konnten: "Wir sind uns auch einig darüber, dass wir uns bei der Grundsteuer noch nicht einig sind und dass noch eine Menge Arbeit besteht, um da die Dinge auf den rechten Weg zu bringen", sagte Söder. Hinter dem Veto Bayerns steht das Interesse, künftig als Bundesland selbst darüber zu entscheiden, wie die Grundsteuer berechnet werden soll. "Wir können uns eine regionale Öffnungsklausel vorstellen", sagte Söder. Sollte Söder sich durchsetzen und für Bayern einen Sonderweg erreichen, würde die CSU das Gesetz im Bundeskabinett nicht blockieren und damit den Weg dafür frei machen, dass die anderen Länder die Reform durchziehen könnten.

Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen für die Kommunen. Sie bringt jährlich 14 Milliarden Euro ein. Die Neuberechnung ist deshalb so heikel, weil praktisch jeder Bürger zahlen muss, der in Deutschland wohnt. Die Eigentümer von Immobilien müssen die Steuer entrichten, dürfen sie jedoch bisher auf die Mieter umlegen. Jede Erhöhung zieht deshalb Mietsteigerungen nach sich. Das Bundesverfassungsgericht hat die Reform gefordert, weil die Grundsteuer mit Werten aus den Jahren 1935 und 1964 berechnet wird und ungerecht ist. Die Richter haben der Bundesregierung bis Ende des Jahres Zeit gegeben, das Gesetz zu modernisieren. Klappt das nicht, fallen die Grundsteuer und damit die Einnahmen daraus weg.

Scholz und die 15 Länderminister haben sich auf ein Modell verständigt, das über pauschale Nettokaltmieten auch eine Wertentwicklung von Immobilien berücksichtigt. Dabei sollen Wohnungsbaugenossenschaften besonders bewertet werden, um Wohnen nicht zu verteuern. Scholz will das Gesetz bis Ostern vorlegen.

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Quelle:
SZ vom 15.03.2019
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