Bevor Brad Pitt in "World War Z" seinen Schocker-Kampf gegen die Zombies aufnimmt, flimmern ein paar hübsche Bilder in Schwarz-Gelb-Optik über die Leinwand. Auf der Leinwand geht die Sonne auf. Und aus den Surround-Boxen plätschert eine männliche Stimme etwas von "vier guten Jahren". Erst am Ende wird klar: Das ist Wahlwerbung der FDP.
Oh, natürlich nicht: Das ist Öffentlichkeitsarbeit der FDP-Bundestagsfraktion, wie die Fraktion hier ausführt. Ein Unterschied, den wohl nur Juristen sauber argumentieren können. Das Kino jedenfalls ist pickepackevoll. Da hat sich der Aufwand doch gelohnt.
Anderes Beispiel: Die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung. Es hat selbstredend nichts mit versteckter Wahlwerbung zu tun, wenn die schwarz-gelbe Bundesregierung in den ersten Monaten des Wahljahres 2013 doppelt so viel Geld in Öffentlichkeitsarbeit investiert wie in den Jahren zuvor. Von Januar bis Mai waren es 7,3 Millionen Euro. Im selben Zeitraum 2012 waren es nur 4,1 Millionen Euro.
In den Monaten vor der Bundestagswahl quellen die Zeitungen über vor "Informationsanzeigen" in denen den Bürgern erklärt wird, was die Bundesregierung alles Tolles für sie gemacht hat. In bunten Infobroschüren wie dieser wird viel von den großartigen Chancen erzählt, die Familien in Deutschland hätten. Im Video-Blog "Die Woche der Kanzlerin" dürfen die Zuschauer Angela Merkel dabei zusehen, wie sie Dinge anschaut oder an einem Glücksrad dreht.
Interessant ist die Erklärung: Die Regierung gebe übers Jahr gesehen nicht mehr aus. Aber sie verpulvert das Geld eben gleich zu Jahresbeginn, weil solche Sonderaktionen verfassungsrechtlich schwierig werden, wenn sie drei Monate vor der Wahl oder noch näher am Termin finanziert werden.
7,3 Millionen Euro in fünf Monaten. Das klingt auf den ersten Blick überschaubar im Vergleich zu den 57,3 Millionen Euro, die die im Bundestag vertretenen Parteien in diesem Jahr für Wahlkampf ausgeben wollen. Aber was die Regierung für ihr Image ausgibt, ist mehr als etwa die Grünen für den gesamten Wahlkampf haben, nämlich 5,5 Millionen. Oder die Linke mit 4,8 Millionen Euro.
Probleme mit der praktischen Abgrenzung
Da steht schnell der Vorwurf der unzulässigen Wahlwerbung im Raum. Was von Seiten der Regierung erlaubt ist, das hat das Bundesverfassungsgericht 1977 im Grundsatz entschieden. Damals hatte die Bundesregierung aus Sicht des Gerichtes "durch Anzeigenserien, Faltblätter und sonstige Publikationen werbend in den Wahlkampf eingegriffen". Seitdem ist klar: Werbung in eigener Sache darf eine Bundesregierung nur rein informativ machen. Also: Keine Werbung für einzelne Personen. Keine Werbung für Parteien. Keine Werbung für den Fortbestand der jeweiligen Mehrheitskoalition.
Das ist in der Praxis schwer abzugrenzen. Der Düsseldorfer Jurist Martin Morlock findet deshalb seit Jahren, dass sich Regierung und auch Fraktionen aus Wahlkämpfen grundsätzlich heraushalten sollten. Er hat erst im Mai 2012 festgestellt, dass eine Imagekampagne der FDP-Bundestagsfraktion im Vorfeld der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen unzulässig gewesen sei.
Das Thema taucht immer wieder vor Wahlen auf. Im Bundestagswahlkampf 2005 etwas protestierten CDU und CSU lautstark gegen den "Tag der offenen Tür der Bundesregierung", der wenige Tage vor der Bundestagswahl stattfand. Der damalige CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter ereiferte sich, die Tage der offenen Tür seien zu "reinen Sympathieveranstaltungen degeneriert".
Acht Jahre später gibt es den Tag der offenen Tür immer noch. Dieses Jahr am Wochenende vom 24. bis zum 25. August, also einen guten Monat vor der Wahl. Diesmal schimpft Kampeter nicht. Er ist inzwischen Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Das beteiligt sich wie alle anderen Ministerien wohl auch an diesem Tag der offenen Tür. Außerdem sitzt im Bundeskanzleramt jetzt seine Parteifreundin Angela Merkel. Und nicht Gerhard Schröder wie 2005. Manchmal verändert so etwas ja die Sicht auf das, was richtig oder falsch ist.