Die amerikanischen Pläne, Kampfpanzer, Schützenpanzer und schwerer Artillerie im Baltikum und in Polen, Rumänien und Bulgarien zu stationieren, stehen angeblich kurz vor Beschluss und Umsetzung. Polens Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak und seine baltischen Amtskollegen bestätigten einen Bericht der New York Times vom Wochenende. Demnach will Washington in Estland, Lettland, Litauen, in Polen, Rumänien und Bulgarien 1200 Militärfahrzeuge stationieren, vielleicht auch in Ungarn. Darunter seien 250 Abrams M1-A2-Kampfpanzer, um im Krisenfall sofort bis zu 5000 US-Soldaten ausrüsten zu können.
Ein hoher Moskauer Militär drohte mit Gegenmaßnahmen, Medien in der Region dagegen begrüßten den Plan. "Die alte Frage der polnischen Sicherheitspolitik 'Wo ist die Nato?', werden wir bald mit 'An der Weichsel' beantworten", kommentierte die Warschauer Gazeta Wyborcza.
"Es fehlt nichts mehr. Alles ist in Arbeit", sagt Estlands Verteidigungsminister
Formell müssen dem Plan des amerikansichen Militärs noch US-Verteidigungsmnister Ashton Carter und Präsident Barack Obama zustimmen. Polens Verteidigungsminister Siemoniak sagte, er habe bereits am 19. Mai in Washington mit Verteidigungsminister Ashton gesprochen und die Überzeugung mitgenommen, "dass die Entscheidung nicht lange auf sich warten lässt". Estlands Verteidigungsminister Sven Mikser zufolge ist die Zustimmung des Weißen Hauses nur noch eine Formalität: "Es fehlt nichts mehr, alles ist in Arbeit", sagte Mikser dem estnischen Fernsehen. Der New York Times zufolge will Washington noch im Juni vor dem nächsten Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel offiziell entscheiden.
Die Stationierung der Kampfpanzer und anderen Kriegsgerätes ist nicht gleichbedeutend mit der ständigen Stationierung von US-Soldaten. Dies fordern seit Beginn der Ukrainekrise Balten und Polen, aber auch Rumänen und Bulgaren - so nachdrücklich wie erfolglos. Allerdings verstärken Nato-Länder unter Führung der USA seit der Ukraine-Krise ihre Präsenz sowohl im Baltikum wie in Polen, Rumänien und Bulgarien: mit Luftraumüberwachung, Manövern in Ostsee oder Schwarzem Meer und der Modernisierung von Militärbasen. Von Militärflughäfen fliegen Nato-Kampfjets Patrouille über der Ostsee und dem Schwarzem Meer, in einige Länder sind schon je mehrere Hundert US-Soldaten entsandt.
Die Entscheidung steht nicht nur im Zeichen des Konflikts in der Ukraine, sie hängt auch mit der neuen Militärdoktrin zusammen, die Russlands Präsident Wladimir Putin Ende 2014 billigte. Nach deren Annahme verkündete Russlands Generalstabschef Walerij Gerassimow am 13. Januar, Russland werde in der Arktik, auf der Krim und in der russischen Exklave Kaliningrad aufrüsten. Dabei sind allein in Kaliningrad "schon jetzt mindestens 30 000 russische Soldaten stationiert", schätzt Marius Laurinavicius vom Studienzentrum Osteuropa (EESC) im litauischen Vilnius. Selbst die Armee Polens, mit Abstand stärkste der Region, hätte einem russischen Angriff nicht viel entgegenzusetzen, urteilte der polnische Ex-General Leon Komornicki in einem am Montag vorgestellten Bericht zur Lage der Verteidigungsfähigkeit Polens, berichtete die Zeitung Rzespospolita. Bulgariens oder Rumäniens Armeen sind in noch schlechteren Zustand.
Vor diesem Hintergrund beschlossen die Nato-Verteidigungsminister am 5. Februar, eine 30 000 Mann starke, schnelle Eingreiftruppe für den Krisenfall stärker zu koordinieren und auszurüsten. Darunter sind 5000 Soldaten einer binnen 48 Stunden einsatzbereiten "Speerspitze-Einheit". Für die Eingreiftruppe wurde im Februar der Aufbau eines regionalen Hauptquartiers in Polen und eines Quartiers in Rumänien beschlossen, dazu Kommandozentren in Bulgarien und im Baltikum . Die jetzt bekannt gewordenen Pläne zur Stationierung von Panzern und anderem Gerät folgen diesem Beschluss.
Aus militärischer Sicht ist Militärtechnik für maximal 5000 US-Soldaten und auf mindestens sechs Länder aufgeteilt, eine eher symbolische Unterstützung. Und nicht von strategischem Gewicht für Balten, Polen, Bulgaren und Rumänen, die sich von Moskau bedroht fühlen. Russland reagierte dennoch postwendend. General Jurij Jakubow vom Verteidigungsministerium sagte der kremlnahen Agentur Interfax, würden in Ländern Osteuropas und dem Baltikum tatsächlich Panzer, Artillerie und andere Militärtechnik stationiert, werde Russland seine Einheiten in Kaliningrad oder Weißrussland verstärken. Und zwar mit neuen Panzern, Artillerie, Flugzeugen oder neuen Raketensystemen von Typ Iskander. In der Tat kündigte das Verteidigungsministerium bereits im März an, Iskander-Rakten nach Kaliningrad zu verlegen.