Ilhan Omar:"Ich bin Amerikas Hoffnung und des Präsidenten Albtraum"

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Häufiges Ziel der Tiraden von US-Präsident Donald Trump: die demokratische Kongressabgeordnete Ilhan Omar. (Foto: REUTERS)

Das sagt die demokratische US-Kongressabgeordnete Ilhan Omar selbst über sich. Die in Mogadischu geborene Muslimin kämpft für ein gerechteres Amerika und ist häufig Ziel der Tiraden von Donald Trump.

Von Christian Zaschke, New York

Wenn Ilhan Omar vor einem Auftritt vorgestellt wird, spielt in der Regel das Wort "erste" eine entscheidende Rolle. Sie ist die erste amerikanische Kongressabgeordnete, die in Somalia geboren wurde. Sie ist die erste Frau mit Migrationshintergrund, die Minnesota in Washington vertritt. Sie ist die erste Frau, die im Parlament ein Kopftuch trägt. Gemeinsam mit Rashida Tlaib aus Michigan ist sie die erste Muslimin im Abgeordnetenhaus.

Omar ist, und dazu gibt es verschiedene Quellenangaben, 36 oder 37 Jahre alt - in jedem Fall ist sie damit eine der jüngsten Parlamentarierinnen. Nicht zuletzt ist sie die Frau, die Präsident Donald Trumps Zorn auf sich zieht wie kaum jemand sonst im politischen Betrieb.

In einer Reihe von Tweets hatte der Präsident Omar und drei anderen Demokratinnen in dieser Woche mitgeteilt, sie könnten in die Länder zurückkehren, aus denen sie gekommen seien, falls es ihnen in Amerika nicht gefalle. Die anderen drei Frauen sind in den USA geboren worden. Alle vier Parlamentarierinnen eint, dass sie nicht weiß sind, weshalb Trump selbst von Mitgliedern seiner eigenen Partei Rassismus vorgeworfen wurde. Omar sagte, mit seiner "offen rassistischen Attacke" verfolge der Präsident die Agenda von weißen Nationalisten.

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Viele Konservative duckten sich zunächst weg, anstatt Parteifreund Trump für seine rassistischen Beschimpfungen zu rügen. Manch einer gibt sich sogar verbal ähnlich angriffslustig.

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Es ist nicht das erste Mal, dass Omar und Trump aneinandergeraten sind. Unter anderem beschuldigte Trump sie, mit dem Terrornetzwerk al-Qaida zu sympathisieren, obwohl sie sich deutlich davon distanziert hatte.

Als sie in einer Rede über die Anschläge vom 11. September 2001 die Worte "Leute haben etwas getan" benutzte, ließ er diese Passage aus dem Zusammenhang reißen und mit Bildern unterlegen, die die einstürzenden Türme des World Trade Centers in New York zeigten. Nachdem sie sich kritisch über Israels Siedlungspolitik und den Einfluss von Pro-Israel-Lobbygruppen in Washington äußerte, forderte er, sie solle sich entschuldigen. Ihre wiederholt kritischen Äußerungen zu Israel sind allerdings auch in ihrer Partei umstritten.

Besonders schien Trump in Rage zu versetzen, dass Omar kürzlich in einer Rede vor Schülern und Studenten in Minneapolis sagte, dass Amerika keinesfalls eine gerechte Gesellschaft sei und viele seiner Versprechen nicht halte. Diese Rede war auf Trumps Lieblingssender Fox News als undankbar kritisiert worden, und dann dauerte es nicht mehr lang, bis der Präsident sich auf Twitter äußerte.

In einem Informationsfilm erschien Amerika als Idyll

Omar wurde Anfang der 1980er Jahre als jüngstes von sieben Kindern in Mogadischu geboren. Als sie acht Jahre alt war, landete die Familie in einem Flüchtlingslager in Kenia. Vier Jahre lang lebten die Omars in Armut. 1995 wurde die Aufnahme in den USA bewilligt. Zuvor hatte die Familie einen Informationsfilm für Immigranten angesehen. In diesem erschien Amerika als Idyll, in dem Gleichheit und Frieden herrschen. Als sie in New York ankam, einem, wie Omar damals fand, schmutzigen Moloch voller Menschen, sagte sie zu ihrem Vater: "Das ist nicht das Amerika, das du uns versprochen hast." Diese Geschichte erzählt sie bis heute gern bei Auftritten.

Zunächst zog die Familie in die Nähe von Washington, schließlich ließ sie sich in Minnesota nieder, dem Zentrum der somalischen Diaspora. Omars Vater arbeitete zunächst als Taxifahrer, später bei der Post. Ihren Großvater begleitete sie regelmäßig zu Veranstaltungen der Demokraten, wo sie für ihn übersetzte. "Auf diese Weise habe ich mich in die Politik verliebt", sagt sie.

Mit 17 wurde sie amerikanische Staatsbürgerin, mit 20 hatte sie ihr erstes von drei Kindern, mit 28 schloss sie ihr Politikstudium ab, mit 34 bewarb sie sich erfolgreich um einen Sitz im Regionalparlament von Minnesota, mit 36 zog sie ins Abgeordnetenhaus in Washington ein.

Als sie einmal in der "Daily Show" mit Trevor Noah zu Gast war, fragte der Moderator: "Und, was ist der Plan?" Omar antwortete: "Ich bin Amerikas Hoffnung und des Präsidenten Albtraum." Diese Worte hängen heute eingerahmt in ihrem Büro in Washington.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir Ilhan Omar fälschlicherweise als jüngste Abgeordnete im Repräsentantenhaus bezeichnet. Richtig ist, dass dies aktuell Alexandria Ocasio-Cortez mit 29 Jahren als jüngste jemals ins House gewählte Frau ist.

© SZ vom 17.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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