Süddeutsche Zeitung

IAEA-Bericht:Iran baut Urananreicherung massiv aus

Weitere Eskalation im Atomstreit? Iran plant nach Einschätzung der Internationalen Atomenergiebehörde seine Urananreicherung massiv auszubauen. Die Zahl der Zentrifugen in der Anlage Natans hätten sich vervielfacht. Teheran weist die Informationen als falsch zurück - weigert sich aber, den IAEA-Experten Auskunft über eine mögliche militärische Dimension seines Programms zu erteilen.

Paul-Anton Krüger

Iran plant offenbar, seine Urananreicherung massiv auszubauen - ein Schritt, der im Westen als weitere Eskalation im Atomstreit gewertet werden dürfte. Wie aus einem Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA in Wien hervorgeht, der den Mitgliedstaaten am Freitagabend zugestellt wurde, hat Iran Vorbereitungen getroffen, um in der Urananreicherungsanlage Natans den bisher etwa 9000 Zentrifugen 6000 weitere hinzuzufügen.

Laut dem elfseitigen Dokument, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, hat Iran bereits die Röhren installiert, die später die Rotoren der empfindlichen Maschinen aufnehmen. In einer zweiten, tief verbunkerten Anlage in Fordow nahe der Heiligen Stadt Ghom seien zudem weitere 2100 dieser Hüllrohre aufgestellt worden.

Diplomaten in Wien zweifelten allerdings an, ob Iran auch über die restlichen Komponenten für eine solche Anzahl neuer Zentrifugen verfügt. Die Aluminium-Hüllrohre sind im Gegensatz zu den Rotoren und anderen Teilen leicht herzustellen. Medienberichte, laut denen Iran in Fordow Zentrifugen einer neuen, effektiveren Generation aufstellen wolle, bestätigt der neue IAEA-Report nicht.

Iran betreibt dort allerdings mittlerweile 700 Maschinen, mit denen Uran auf 20 Prozent des Isotops Uran-235 angereichert wird, eine Verdreifachung der Kapazität seit dem Bericht im November. Dies löst besondere Sorge aus, weil das Uran von diesem Niveau aus in kurzer Zeit auf die für den Bau von Atomwaffen nötigen 90 Prozent gebracht werden kann.

Aus dem Bericht wir auch klar, dass Iran weiterhin nicht bereit ist, der IAEA die geforderten Auskünfte zu möglichen militärischen Dimensionen seines Atomprogramms zu erteilen. Eine Delegation der Wiener Behörde war im Januar und nochmals Anfang der Woche nach Teheran gereist, um Gespräche über diese offenen Fragen zu führen. Dabei sei keine Einigung mit Iran erzielt worden.

Teheran beharre darauf, dass die Informationen gefälscht seien, die nach Ansicht der IAEA den Verdacht begründen, dass Iran an der Entwicklung von Atomwaffen gearbeitet hat. Die IAEA hatte sie dagegen als schlüssig und glaubwürdig bewertet.

IAEA-Chef Yukyia Amano fordert Iran in dem Bericht ausdrücklich auf, seinen Inspektoren Zugang zu einer verdächtigen Anlage auf dem Militärstützpunkt Parchin bei Teheran zu gewähren. Dort soll Iran mit Hilfe eines Wissenschaftlers aus einem früheren sowjetischen Atomwaffenlabor Versuche unternommen haben, die zur Entwicklung eines Sprengkopfs dienen können und für die Iran keine Erklärung hat.

Zudem fordert Amano, Iran müsse "basierend auf den Verifikationsprozeduren der IAEA" mit den Inspektoren zusammenarbeiten - ein Hinweis, dass er nicht bereit ist, sich von Iran die Modalitäten diktieren zu lassen. Die Inspektoren hatten versucht in Teheran einen Plan auszuarbeiten, der Sicherheitsbedenken Irans gegen eine Inspektion auf dem Militärgelände ausräumen sollte. Iran sei darauf allerdings nicht eingegangen, hieß es.

Der Botschafter Irans bei der IAEA, Ali Asghar Soltanieh, hatte der Nachrichtenagentur Reuters zuvor gesagt, Iran strebe weitere Gespräche an: "Unsere Position ist, dass wir die Gespräche für Kooperation mit der IAEA fortsetzen werden, und wir hoffen, dass dieser Prozess erfolgreich voranschreitet." Die IAEA hatte dagegen mitgeteilt, weitere Gespräche seien nicht geplant.

Der IAEA-Gouverneursrat berät vom 5. März an über das weitere Vorgehen. Das Gremium könnte eine Resolution verabschieden und auch erneut den UN-Sicherheitsrat anrufen; Russland und China haben in dem 35 Staaten umfassenden Gremium kein Veto. Sie können aber in New York jede Initiative blockieren. In den nächsten Tagen wird zudem eine Entscheidung der fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat und Deutschlands über eine neue Verhandlungsrunde mit Iran erwartet. Diplomaten hatten angedeutet, man wolle diese Gespräche führen, auch wenn der IAEA-Bericht negativ ausfalle.

Das Treffen könnten noch im März in Istanbul stattfinden. Die relativ einfach zu bewerkstelligende Installation der Hüllrohre in Natans und Fordow könnte daher auch ein taktisches Manöver sein, mit dem Iran eine Ausgangsposition für die Gespräche verbessern will.

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SZ vom 25.02.2012/hai
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