Süddeutsche Zeitung

IAEA-Bericht:Frankreich droht Iran mit "Sanktionen beispiellosen Ausmaßes"

Detailliert wie nie beschreibt die Internationale Atomaufsichtsbehörde, dass Iran an Nuklearwaffen gearbeitet hat. Nun drängt Frankreich auf sehr viel härtere Sanktionen gegen das Regime in Teheran. Auch die Bundesregierung hält neue Strafmaßnahmen für "unausweichlich". Irans Präsident Ahmadinedschad stellt auf stur: Sein Land werde "kein Jota" von seinem Kurs abweichen.

Dem alarmierenden Bericht der Atomenergiebehörde (IAEA) über das iranische Atomwaffenprogramm folgt der Ruf nach scharfen Sanktionen. Wenn die Führung in Teheran nicht den Forderungen der internationalen Gemeinschaft nachkomme, sei Frankreich zu "Sanktionen beispiellosen Ausmaßes" bereit, sagte Außenminister Alain Juppé am Mittwoch. Allerdings machte Verteidigungsminister Gérard Longuet deutlich, dass dies nicht gleichbedeutend mit einem militärischen Eingreifen sei. "Wir können im wirtschaftlichen, technologischen und industriellen Bereich viel weiter gehen, ohne von einer gewaltsamen Lösung Gebrauch zu machen", sagte er.

Auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sprach sich für eine Verschärfung der Sanktionen gegen Iran aus. Diese Strafmaßnahmen müssten möglichst breit angelegt sein, sagte er. Die internationale Gemeinschaft könne jetzt nicht zur Tagesordnung übergehen. Gleichzeitig betonte Westerwelle: Eine Diskussion über militärische Optionen, wie sie offenbar Israel favorisiert, "lehnen wir ab".

Besorgt zeigt sich auch die Europäische Union: Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton kündigte eine "angemessene Reaktion" an. Man werde sich "jetzt intern mit ihren Partnern abstimmen", erklärte ihre Sprecherin.

Russland lehnt neue Straßmaßnahmen indes ab. "Jede zusätzliche Sanktion gegen Iran werden in der internationalen Gemeinschaft als Mittel für einen Machtwechsel in Teheran angewendet", sagte Vize-Außenminister Gennadi Gatilow nach Angaben der Agentur Interfax. Für Russland sei mit der UN-Resolution 1929 bereits das Mögliche an Strafmaßnahmen erreicht.

Dagegen forderte Israel erneut entschiedene Schritte: "Die Bedeutung des Berichts besteht darin, dass die internationale Gemeinschaft dem iranischen Streben nach Nuklearwaffen, die den Frieden in der Welt und im Nahen Osten gefährden, ein Ende setzen muss", heißt es in einer Erklärung der Regierung. Die israelische Zeitung Haaretz schrieb unter Berufung auf Regierungskreise in Jerusalem, Israel wolle erst die internationalen Reaktionen auf die neuen Informationen abwarten. Man wolle nicht den Anschein erwecken, dass Israel die Führungsrolle bei den Bemühungen um stärkeren Druck auf Teheran übernehme.

Iran will nicht einlenken

Trotz aller Drohungen und Warnungen will Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad am Atomprogramm festhalten. Sein Land werde "kein Jota" von seinem Weg abrücken, kündigte er in einer Rede an. Nichts könne den Fortschritt Irans aufhalten.

Die IAEA kommt in ihrem jüngsten Bericht zu dem Schluss, dass Iran zumindest bis 2010 an der Entwicklung einer Atombombe gearbeitet. Detaillierter und ausführlicher denn je belegen die Atomwächter entsprechende Hinweise. Der Bericht liste alle einzelnen Schritte auf, wie ein Atomsprengkopf hergestellt werde, hieß es. Auch in Washington hieß es nach Informationen der New York Times, die USA verfügten bereits seit Jahren über entsprechende Infomrationen. "Allerdings ist das Ausmaß der Details unvorstellbar."

Nach Ansicht von Experten bestätigt der Bericht, was Geheimdienste schon lange vermuten - nämlich, dass Iran gezielt versuche, die Fähigkeit zu erlangen eine Sprengkopf zu entwickeln. Der Bericht enthalte keine neue Wendung, erklärte deshalb der Rüstungsexperte Oliver Meier vom Hamburger Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik im Deutschlandradio Kultur. Der Bericht mache es für Iran aber jetzt unmöglich, weiter zu behaupten, dass es grundsätzlich nur um zivile Forschung gehe.

Harald Müller, Vorstandsvorsitzender der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung glaubt auch nicht, dass der IAEA-Bericht Eindruck auf Iran macht. Das Land habe auch alle bisherigen Berichte ignoriert. Allerdings könnten wirklich scharfe Sanktionen die vorhandenen Risse in der Elite vertiefen und zu einer inneren Erosion führen. Möglich sei aber auch, dass sie eine Schließung der Fronten bewirken.

In Israel gerät indessen die Atombehörde in die Kritik. Israels Regierungsspitze ist nach unbestätigten Medienberichten empört über den ehemaligen IAEA-Generaldirektor Mohammed ElBaradei. Er soll das iranische Atomwaffenprogramm jahrelang gedeckt haben, schrieb die israelische Zeitung Jediot Achronot. Teheran wies den Bericht als "politisch motiviert" zurück. Der Bericht sei unausgewogen und unfachmännisch, sagte der iranische IAEA-Botschafter Ali Asghar Soltanieh.

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