Hygiene im Krankenhaus:Kein Luxus, sondern Pflicht

Simple Hygienemaßnahmen sind kein Firlefanz, sondern retten Leben. Das ist altbekannt, doch haben Ärzte und Politiker das Problem unterschätzt. Der Ruf nach verbindlichen Regeln kommt Jahrzehnte zu spät.

Katrin Blawat

Es ist nicht falsch, dass Gesundheitspolitiker nun bundesweit verbindliche Hygieneregeln für Krankenhäuser fordern. Nur: Es ist Jahrzehnte zu spät. Bereits vor mehr als 160 Jahren entdeckte der Arzt Ignaz Semmelweis, dass einfachste Sauberkeits-Maßnahmen über Leben und Tod von Patienten entscheiden.

Hände-Desinfektion reduziert Krankenstand

Auch wenn es lästig ist: Ständiges Desinfizieren der Hände ist kein zeitfressender Firlefanz.

(Foto: dpa)

In Deutschland werde dem Thema wenig Bedeutung beigemessen, beklagen Fachleute seit Jahren, und zwar von Seiten der Politik ebenso wie von Seiten vieler Ärzte und Pfleger. Nun mussten drei Säuglinge sterben, damit die Brisanz des Themas öffentlich wird und man nun hoffen darf, es möge sich endlich etwas ändern.

Die um Jahre verzögerte Reaktion der Politik zeigt aber auch: In Deutschland mangelt es nicht nur an Verordnungen. Viel mehr fehlt es noch immer an dem Bewusstsein, das Semmelweis seinen Kollegen schon Mitte des 19. Jahrhunderts zu vermitteln versuchte: die Einsicht, dass Hygiene mehr ist als ein Luxus, den sich nur gut ausgestattete Kliniken leisten können.

Ärzte und Pfleger, die ohnehin nicht wissen, wie sie all ihre Patienten versorgen sollen, halten das ständige Desinfizieren der Hände oder das häufige Wechseln des Kittels oft für zeitfressenden Firlefanz, den sie sich im hektischen Arbeitsalltag nicht leisten können. Das ist angesichts der hohen Arbeitsbelastung einerseits verständlich: Natürlich ist es lästig, nach jedem Handgriff zum Desinfektionsmittel zu greifen. Doch zu Recht erwartet der Patient vom Arzt oder Pfleger nicht nur, dass die Arbeit irgendwie erledigt wird; sondern dass alles getan wird, um Heilung zu beschleunigen - und um zu verhindern, dass die Behandlungen ihn noch kränker machen.

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