Human Rights Watch prangert an:Kinder vor dem Scharfrichter

Offiziell haben sich alle Staaten verpflichtet, keine Minderjährigen hinzurichten. Dennoch wurden in den vergangenen dreieinhalb Jahren 32 verurteilte Heranwachsene exekutiert - die meisten von ihnen in Iran.

In fünf Ländern dieser Erde werden nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) auch heute noch Kinder und Jugendliche hingerichtet, die weitaus meisten im Iran. Seit Januar 2005 sei in diesen Ländern insgesamt 32 Mal die Todesstrafe bei Jugendlichen vollstreckt worden, berichtete die Organisation am Mittwoch in New York.

Human Rights Watch prangert an: Öffentliche Hinrichtung: Ein 16-Jähriger (links) wurde 2005 im Iran wegen Vergewaltigung von Jungen verurteilt und erhängt.

Öffentliche Hinrichtung: Ein 16-Jähriger (links) wurde 2005 im Iran wegen Vergewaltigung von Jungen verurteilt und erhängt.

(Foto: Foto: AP)

Mit 26 Hinrichtungen lag der Iran den Angaben zufolge weit vor Saudi-Arabien (2), dem Sudan (2), Pakistan und Jemen (je 1). Weit mehr als 100 Kinder und Jugendliche säßen in diesen Ländern derzeit in Todeszellen. Im Iran gelten Mädchen laut Human Rights Watch bereits mit 9 Jahren und Jungen mit 15 Jahren als volljährig. Allein in diesem Jahr seien dort sechs Jugendliche hingerichtet worden, zwei von ihnen im August.

"Wir sind nur fünf Staaten entfernt von einem vollständigen Bann der Todesstrafe bei Jugendlichen", erläuterte Clarisa Bencomo, HRW- Expertin für Kinderrechte im Nahen Osten. "Auch in diesen letzten Schlupfwinkeln sollte mit der barbarischen Praxis Schluss gemacht werden, so dass niemand jemals mehr hingerichtet wird für ein Verbrechen, das er als Kind beging."

Human Rights Watch appellierte an die Vereinten Nationen, sich beim Beginn der 33. UN-Vollversammlung kommende Woche in New York für Reformen zum Schutz der Kinder einzusetzen. Alle Staaten der Welt hätten sich verpflichtet, Straftäter unter 18 Jahren nicht hinzurichten.

Auch der Iran hat alle internationalen Abkommen unterzeichnet, die die Hinrichtung von Kindern verbieten. Dennoch sind dort Exekutionen unter bestimmten Bedingungen erlaubt.

In Saudi-Arabien haben Richter nach Angaben von Human Rights Watch die Entscheidungsfreiheit, Kinder ab der Pubertät oder vom 15. Geburtstag an zum Tode zu verurteilen. Die sudanesische Verfassung erlaubt Hinrichtungen jugendlicher Straftäter für bestimmte Verbrechen wie Mord oder einen bewaffneten Raubüberfall mit Todesfolge.

In Pakistan ist die Todesstrafe für Täter unter 18 zwar seit dem Jahr 2000 verboten, die Vorschrift ist aber noch nicht in allen Teilen des Landes umgesetzt. Im Jemen dürfen Jugendliche laut Gesetz auch bei Kapitalverbrechen höchstens zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt werden. Da jedoch nur 22 Prozent der Geburten offiziell registriert werden, sei es für die Angeklagten oft schwer, ihr Alter zu beweisen, heißt es im Bericht. So wurde im Februar ein junger Mann hingerichtet, obwohl er eigenen Angaben zufolge zum Zeitpunkt der Tat erst 16 Jahre alt war.

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