Horst Seehofer vor der Abstimmung im Bundestag:"Dass der eine oder andere dagegen stimmt, muss eine Partei aushalten"

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SZ: Einer der prominentesten Abweichler kommt aus Ihren Reihen: der Euro-Skeptiker Peter Gauweiler. Eine schöne Arbeitsteilung: Sie stützen die Regierung, Gauweiler bedient die Ängste der Bürger.

Seehofer: Dass der eine oder andere dagegen stimmt, muss eine Partei aushalten. Peter Gauweiler vertritt nicht nur in diesem Fall und seit vielen Jahren eine eigene Position. Wichtig ist, dass die politische Kraft CSU insgesamt geschlossen zusammensteht. Das ist der Fall.

SZ: Kann die Kanzlerin weiterregieren, wenn sie jetzt die Kanzlermehrheit verfehlt?

Seehofer: Mir ist wichtig, dass wir die Mehrheit haben. Und da habe ich eine ganz sichere Prognose. Ich will nicht, dass der Ausgang der Abstimmung zu Interpretationen einlädt.

SZ: Selbst wenn Sie diese Abstimmung hinbekommen - der Eindruck ist, dass die schwarz-gelbe Koalition der Krise nicht gewachsen ist.

Seehofer: Was die Bundesregierung in der Eurokrise geleistet hat, war aus meiner Sicht sehr in Ordnung. Deutschland hat Europa stabilisiert, unsere Wirtschaft hat bisher nicht gelitten. Die Bevölkerung aber kritisiert zu Recht manche belastende Diskussion, etwa die um Vereinigte Staaten von Europa. Das war unnötig.

SZ: Nicht nur beim Euro sieht die Regierung schlecht aus. Die Pflegereform wird verschoben, der Kandidat für den Generalbundesanwalt zieht zurück. Ist die Regierung nicht längst handlungsunfähig?

Seehofer: In Berlin muss sich einiges ändern. In der Innenpolitik müssen wir starke Akzente setzen. Wir müssen die Pflegereform angehen, das Betreuungsgeld, die Bundeswehrreform, die Maut, die Steuerpolitik. Wir müssen Altersarmut verhindern und prekäre Arbeitsverhältnisse vermeiden. Die CSU drückt hier aufs Tempo, da muss Klarheit herrschen bis Ende des Jahres.

SZ: Dazu hätten Sie doch zwei Jahre Zeit gehabt. Wer bremst denn: die FDP oder die CDU?

Seehofer: Die CSU jedenfalls nicht. Für die zweite Halbzeit dieser Legislaturperiode ist unser Arbeitsauftrag: Deutschland muss seine soziale Balance behalten.

SZ: Als Kanzler Gerhard Schröder nicht mehr weiterwusste, hat er Neuwahlen ausgerufen.

Seehofer: Gerhard Schröder konnte nichts mehr in seiner Regierung durchsetzen. Sie werden an diesem Donnerstag erleben, dass wir das, was wir uns vornehmen, auch beschließen und in den nächsten Wochen neue Projekte angehen.

SZ: Geht das überhaupt noch mit einem Partner, der bei der Berlin-Wahl auf nur noch 1,8 Prozent abgestürzt ist?

Seehofer: Solche Ergebnisse bilden sicher nicht die reale Stärke der FDP ab. Genauso wenig wie die 14 Prozent, die sie bei der Bundestagswahl 2009 erreicht hat. Die FDP wird sich erholen.

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