Süddeutsche Zeitung

Horst Seehofer:Seehofer: "Die Lage für die Union ist höchst bedrohlich"

  • Horst Seehofer (CSU) macht die "Politik in Berlin" für das "desaströse" Wahlergebnis der CDU bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern verantwortlich.
  • Merkels Flüchtlingspolitik sei "nur ein Ventil, die Problematik liegt wesentlich tiefer".
  • Seehofer wirft der CDU vor, vergangene Landtagswahlen falsch analysiert zu haben.

Von Robert Roßmann, Berlin, und Wolfgang Wittl

Das schlechte Abschneiden der CDU bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern löst Streit in der Union aus. CSU-Chef Horst Seehofer kritisierte die Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag heftig. Seehofer sagte der Süddeutschen Zeitung: "Die Lage für die Union ist höchst bedrohlich", die Menschen wollten "diese Berliner Politik nicht".

Seine "mehrfache Aufforderung zur Kurskorrektur" in der Flüchtlingspolitik sei nicht aufgenommen worden. Das "desaströse" Wahlergebnis sei eine Folge davon. Die CDU hatte am Sonntag nur 19 Prozent erzielt und war damit zum ersten Mal hinter die AfD (20,8 Prozent) zurückgefallen.

Merkel "unzufrieden" mit dem Wahlausgang

Merkel verteidigte jedoch ihren Kurs. Sie gestand zwar eine Mitverantwortung für die Niederlage ein. Beim G-20-Treffen in China sagte die Kanzlerin, sie sei "unzufrieden" mit dem Wahlausgang, der "natürlich" auch etwas mit ihrer Flüchtlingspolitik zu tun habe. "Ich bin Parteivorsitzende, ich bin Bundeskanzlerin. Und in den Augen der Menschen kann man das nicht trennen. Und deshalb bin ich natürlich auch verantwortlich." Sie halte aber trotzdem die "Entscheidungen, so wie sie getroffen wurden, für richtig".

In der Flüchtlingspolitik hätten viele Menschen "im Augenblick nicht das ausreichende Vertrauen in die Lösungskompetenz" der Regierung, obwohl diese schon "sehr viel geschafft" habe - etwa bei der Reduzierung der Zahl der ankommenden Flüchtlinge, der Integration oder bei der Hilfe für die Kommunen.

Seehofer sagte dagegen, das Ergebnis in Mecklenburg-Vorpommern sei "die Fortsetzung von desaströsen Wahlergebnissen" der CDU. Die Flüchtlingspolitik sei "nur ein Ventil, die Problematik liegt wesentlich tiefer". Er sei überzeugt, "dass dahinter eine Systemkritik steckt". Er warf der CDU-Spitze vor, den Ausgang der Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz falsch analysiert zu haben. Darin liege der "Keim der Ursachen für das jetzige Ergebnis".

Die CDU-Spitze hatte damals aus dem Wahlsieg von Winfried Kretschmann (Grüne) und Malu Dreyer (SPD) geschlossen, dass Merkels Flüchtlingspolitik von den Bürgern unterstützt werde, weil sowohl Kretschmann als auch Dreyer sich hinter die Kanzlerin gestellt hatten. Dabei hatte die CDU in beiden Ländern die Wahl verloren.

Seehofer fordert deshalb jetzt: "Wir brauchen inhaltlich eine klare Orientierung: Steuern, innere Sicherheit, Rente, Zuwanderung - spätestens September, Oktober muss eine Klärung her." Die CSU wolle diese bereits bei ihrer Vorstandsklausur am Wochenende geben - "dann müssen wir sehen, ob wir uns einigen können mit der CDU".

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3148986
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 06.09.2016/dayk
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.