Hongkong:Massenrücktritt von Abgeordneten

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Solidarität in Hongkong: Prodemokratische Abgeordnete erklären geschlossen ihren Rücktritt, nachdem die Regierung zuvor vier Oppositionspolitikern den Sitz entzogen hatte. (Foto: TYRONE SIU/REUTERS)

15 Parlamentarier der Demokratiebewegung treten aus Protest ab.

Von Lea Deuber, Peking

Nach dem Ausschluss von vier prodemokratischen Abgeordneten im Hongkonger Parlament sind am Mittwoch 15 Abgeordnete der Demokratiebewegung als Gruppe geschlossen zurückgetreten. Die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungszone hatte am selben Tag mitgeteilt, dass die demokratischen Oppositionspolitiker Alvin Yeung, Dennis Kwok, Kwok Ka-ki und Kenneth Leung mit sofortiger Wirkung ihre Sitze im Parlament verlieren.

Zuvor hatte der Ständige Ausschusses des Nationalen Volkskongresses bei einem Treffen am Dienstag und Mittwoch eine Resolution verabschiedet, die es erlaubt, dass Abgeordneten in Hongkong unter bestimmten Bedingungen ihr Sitz ohne Gerichtsbeschluss entzogen werden kann. Gründe dafür können sein, dass sie die Unabhängigkeit der Sonderverwaltungszone unterstützen, Chinas Souveränität nicht anerkennen, ausländische Mächte um Einmischung bitten oder aber für schuldig befunden werden, die nationale Sicherheit zu gefährden.

Künftig sitzen im Parlament nur noch Abgeordnete, die China nahestehen

Die Abgeordneten wehrten sich gegen den Vorwurf aus Peking. Der Ausschluss sei ungesetzlich und ein Verstoß gegen ihr Recht, sich an öffentlichen Fragen und Angelegenheiten zu beteiligen, erklärten die Betroffenen. Ihre Rücktrittsschreiben wollten die Parlamentarier laut dem Vorsitzenden der Demokratischen Partei, Wu Chi-wai, am Donnerstag einreichen.

Die vier Abgeordneten waren bereits von der im September angesetzten Wahl ausgeschlossen worden, die dann aber abgesagt und zunächst auf 2021 verschoben wurde. Die Demokratiebewegung werde den Kampf trotz großer Schwierigkeiten fortsetzen, erklärte Parteichef Wu. Er nannte das Vorgehen der Zentralregierung skrupellos, fügte aber hinzu: "Wir werden niemals, niemals aufgeben." Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam rechtfertigte die Entscheidung im Mittwoch hingegen; die Abgeordneten müssten sich angemessen verhalten und die Stadt brauche ein Parlament aus "Patrioten".

Durch den Ausschluss und die Rücktritte verliert die Demokratiebewegung weiter an Mitsprachemöglichkeiten in der Stadt. Ohne ihr nahestehende Vertreter verbleiben im Parlament nur noch die Peking nahen Kräfte. Seit Inkrafttreten des Sicherheitsgesetzes im Juni haben die Sicherheitsbehörden der Stadt fast täglich Mitglieder der prodemokratischen Parteien, Aktivisten und Journalisten festnehmen lassen. Regierungschefin Carrie Lam schränkte mit einer Verschärfung der Pressegesetze auch die Medienfreiheit weiter ein.

Hongkongs Regierungschefin warnt Joe Biden davor, sich einzumischen

In Richtung des neu gewählten US-Präsidenten Joe Biden hatte Hongkongs Regierungschefin am Freitag eine Warnung ausgesprochen. Dieser solle sich in Zukunft aus den inneren Angelegenheiten der Stadt und ganz Chinas heraushalten. Dass sich die USA unter Präsident Donald Trump mehrmals eingemischt hätten, sei absolut unangemessen gewesen. Als Einmischung bezeichnete Lam unter anderem US-Sanktionen gegen Regierungsvertreter einschließlich ihrer selbst sowie die Aufhebung von Handelsvorzügen für die Sonderverwaltungszone.

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