Hongkong:Freiheit ohne Wert

Die Menschen in Hongkong haben Grund, misstrauisch zu bleiben, obwohl Peking nun nachgibt - oder gerade deswegen.

Von Lea Deuber

Hongkongs Regierung hat den Protest gegen das umstrittene Auslieferungsabkommen monatelang ignoriert. Die Zentralregierung in Peking setzte darauf, dass die Menschen irgendwann aufgeben würden. Dafür ließ man Demonstranten niederknüppeln und Aktivisten festnehmen. Aber die Strategie ist gescheitert. Peking sieht sich nun gezwungen, der Regierungschefin Carrie Lam zu erlauben, den Gesetzentwurf komplett zurückzunehmen. Reichen wird das nicht.

Peking will keinen Kurswechsel in der Stadt. Es will nur schöne Bilder. Die Volksrepublik feiert im Oktober 70. Gründungstag. Krawalle zur gleichen Zeit in Hongkong wären ein Gesichtsverlust. Noch schlimmer wäre eine Eskalation, die womöglich internationale Sanktionen gegen China zur Folge hätte. Die Hongkonger bekommen also keine Zusagen, sondern nur eine Schonfrist. Sie sollen Gäste sein, auf ihrer eigenen politischen Hinrichtung.

Das Auslieferungsabkommen war nur Auslöser, nicht Ursache des Konflikts. Die Zentralregierung müsste die Sonderrechte der Stadt wieder stärken, statt diese zu unterwandern. Dazu ist sie aber nicht bereit. Wenn die Machthaber in Peking in diesem Sommer eins klargemacht haben, dann dies: Die Freiheit der Menschen in Hongkong hat keinen Wert für sie. Die Hongkonger haben jeden Grund, Peking zu misstrauen.

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