Süddeutsche Zeitung

Hongkong:Wong von Parlamentswahl ausgeschlossen

Auch elf weitere Demokratie-Aktivisten dürfen nicht kandidieren. Die Behörden werfen ihnen vor, die Verfassung gebrochen zu haben - und beklagen, sie hätten weder Hongkong noch Peking die Treue geschworen.

Der prodemokratische Aktivist Joshua Wong und mindestens elf weitere Mitstreiter dürfen nicht bei der Hongkonger Parlamentswahl im September kandidieren. Sie hätten sich nicht an die Verfassung der Sonderverwaltungszone gehalten und weder Hongkong noch Peking die Treue geschworen, teilten die Behörden mit. Andere prominente Aktivisten, denen die Kandidatur verweigert wurde, sind Tiffany Yuen und Dennis Kwok.

Wie der öffentliche Rundfunk RTHK berichtete, erhielten sie Briefe vom Wahlamt, dass ihre Nominierung für das im September geplante Votum für den Legislativrat ungültig und damit abgelehnt worden sei.

Die pekingtreue Regierung unterstützte die Entscheidung und wies darauf hin, dass alle Nominierten aktiv das Grundgesetz Hongkongs unterstützen müssten.

Nach dieser Definition eigne sich niemand zum Abgeordneten, der das Staatssicherheitsgesetz nicht unterstütze, die Selbstbestimmung oder Unabhängigkeit Hongkongs befürworte, sich um die Einmischung ausländischer Regierungen bemühe oder drohe, mit seiner Stimme Druck auf die Regierung auszuüben, "bestimmte politische Forderungen" zu erfüllen, wie RTHK zitierte.

Für das prodemokratische Lager in Hongkong ist die Entscheidung ein Rückschlag. Dessen Parteien hatten angestrebt, dieses Jahr die Mehrheit im Parlament zu gewinnen.

"Peking zeigt völlige Missachtung gegenüber dem Willen der Hongkonger", schrieb Wong auf Twitter und verwies darauf, dass er bei Vorwahlen des demokratischen Lagers die meisten Stimmen bekommen habe. Die kommunistische Führung in Peking trample den letzten Pfeiler der Autonomie in Hongkong nieder und versuche, den Legislativrat fest im Griff zu behalten, schrieb der Aktivist. "Unser Widerstand wird weitergehen."

Wahl könnte verschoben werden

Ob die Wahl überhaupt wie geplant stattfinden wird, ist nach Medienberichten aber fraglich. Die Regierung könnte die Abstimmung um ein Jahr verschieben und zur Begründung auf den jüngsten starken Anstieg der Infektionen mit dem Coronavirus in der dicht bevölkerten asiatischen Wirtschaftsmetropole verweisen. Regierungschefin Carrie Lam könnte eine Entscheidung am Freitag verkünden.

Seit der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie 1997 an China wurde Hongkong autonom mit eigenen Freiheitsrechten regiert. Der Erlass des umstrittenen Gesetzes zum Schutz der nationalen Sicherheit Ende Juni durch Chinas Volkskongress stellt aus Sicht von Kritikern aber den verfolgten Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" in Frage.

Das Gesetz gibt Chinas Staatssicherheit viele Vollmachten in Hongkong und richtet sich vage gegen Aktivitäten, die Peking als subversiv, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch ansieht.

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