In Hongkong sind erneut mehrere Journalisten und ehemalige Mitarbeiter eines pro-demokratischen Mediums festgenommen worden. Wie die örtliche Zeitung South China Morning Post meldete, nahmen Beamte der nationalen Sicherheitspolizei am Mittwoch den Chefredakteur und sechs frühere Mitarbeiter der Online-Publikation "Stand News" fest, die dem Bericht zufolge besonders bei Demokratie-Aktivisten beliebt ist.
Unter den Festgenommenen sind demnach neben dem derzeitigen Chefredakteur Lam Shiu und dessen Vorgänger Chung Pui auch vier ehemalige Mitglieder des Aufsichtsrats. Rund 200 Beamte seien an dem Einsatz beteiligt gewesen, bei dem auch die Redaktion von "Stand News" und die Häuser der Festgenommenen durchsucht worden seien. Das Portal habe Nachrichten und Kommentare veröffentlicht, die zum Hass gegen die Behörden aufstacheln, begründete der Leiter der nationalen Sicherheitsabteilung der Polizei, Steve Li, das Vorgehen. Weitere Festnahmen seien nicht ausgeschlossen.
Als Reaktion auf die Verhaftungen hat "Stand News", das bekannteste verbliebene prodemokratische Medienunternehmen Hongkongs, sein Aus erklärt. "Stand News stellt jetzt den Betrieb ein", hieß es am Mittwoch in einer auf Facebook veröffentlichten Erklärung des Online-Nachrichtenportals. Alle Mitarbeiter seien entlassen worden.
Die Bundesregierung verurteilt die Polizeiaktion
Die Bundesregierung verurteilt die Polizeiaktion als harten Schlag gegen die Demokratiebewegung in der chinesischen Sonderverwaltungszone. "Die Vorgänge illustrieren aus unserer Sicht aufs Neue, dass es eine stetige Erosion gibt von Pluralismus, Meinungs- und Pressefreiheit in Hongkong", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes am Mittwoch in Berlin. "Aus unserer Sicht ist ganz klar, dass kritischer Journalismus nicht unter Generalverdacht gestellt werden darf."
Zuletzt war im Juni die prodemokratische Zeitung Apple Daily zwangsweise eingestellt worden, nachdem das Boulevardblatt wegen angeblicher Verstöße gegen das sogenannte Sicherheitsgesetz ins Visier der Behörden geraten war. Ihr Gründer Jimmy Lai sitzt im Gefängnis.
Nach anhaltenden Demonstrationen und dem Ruf nach mehr Demokratie in Hongkong hatte die kommunistische Führung in Peking vor eineinhalb Jahren das umstrittene Sicherheitsgesetz erlassen. Die vage Formulierung des Gesetzestextes erleichtert das Vorgehen gegen Aktivitäten, die China als subversiv, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch einstuft - und zielt damit auf Kritiker der Hongkonger Regierung und der chinesischen Führung. Mehr als 100 Aktivisten wurden festgenommen oder warten auf ihren Prozess. Viele wurden bereits verurteilt. Aus Angst vor Strafverfolgung haben sich viele Oppositionsmitglieder ins Ausland abgesetzt.