Pseudomedizin:Homöopathie hilft vielleicht, aber sie wirkt nicht

Homöopathie: Globulis sind klassische homöopathische Mittel

Bis heute gibt es keine evidenzbasierten Belege für die Wirksamkeit der kleinen Zuckerkügelchen, die über die von Placebos hinaus geht.

(Foto: dpa)

Ministerpräsidentin Manuela Schwesig befördert als Schirmherrin für einen Homöopathie-Kongress das Vertrauen in deren Methoden. Sich auf diese zu verlassen, ist aber gefährlich.

Kommentar von Vera Schroeder

Vor lauter Komplexität der Gegenwart verlassen sich viele Menschen heute aufs "Postfaktische", also auf gefühlte Wahrheiten, die mit ihren eigenen Glaubenssätzen und Wünschen mehr zu tun haben als mit belegbaren Tatsachen. Besonders anschaulich lässt sich das am Beispiel Homöopathie beobachten. Bis heute gibt es keine evidenzbasierten Belege für die Wirksamkeit der Lehren rund um die kleinen Zuckerkügelchen, die über die von Placebos hinaus geht.

Dass Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, die auch mal Familienministerin war, sich nun als Schirmherrin für einen großen Homöopathie-Kongress präsentiert, ist deshalb bedauernswert. Denn die möglichen Auswirkungen von Wunschdenken und Glaubensvorstellungen im gesundheitlichen Bereich und die Beförderung dessen durch öffentliche Reputation können durchaus gefährliche Folgen haben.

Gefährlich deshalb, weil es Patientinnen und Patienten gibt, die der Homöopathie aus Unwissenheit vertrauen und dadurch im Falle einer ernsthaften Erkrankung leichter den Moment verpassen, wirksame Medikamente einzunehmen. Gefährlich aber auch, weil es in Zeiten aufgeheizter und ungenau geführter Debatten wichtig wäre, dass Politikerinnen und Politiker als allererstes zwischen erwiesenen Tatsachen und Scheinargumenten differenzieren.

Die Verschleierungstaktiken von Impfgegnern und Homöopathen ähneln sich

Schwesig spricht in ihrem Grußwort zum Kongress davon, dass es wichtig wäre, "zum Beispiel darüber zu forschen, wie im Säuglings- und Kleinkindalter alternative Methoden wie die Homöopathie in der Therapie wirksam eingesetzt werden können". Allein die Worte "Therapie" und "wirksam" führen hier in die Irre. Homöopathie wirkt nicht. Und eine medizinische Therapie ist nach heutigem Verständnis nur das, was mehr als unspezifische Auswirkungen hat.

Natürlich darf jeder so viele Zuckerkügelchen zu sich nehmen, wie er oder sie will, und dabei "Schaden tut's ja nicht" oder "Weil's mir hilft" denken. Den Unterschied zwischen "mir hilft's" und "es wirkt" im Kopf zu haben, ist dennoch enorm wichtig. Ein Zuckerkügelchen kann helfen, genauso wie ein Glas Wein, Wellness oder ein Placebo. Allein: Nachweislich gegen eine Krankheit wirken tun alle diese Dinge nicht.

Welchen Schaden solche Ungenauigkeiten und postfaktischen Erzählungen im Gesundheitsbereich anrichten können, zeigt aktuell das Thema Masern. Fake-Geschichten und unwidersprochene Legendenbildung geben Impfgegnern Futter. Und bedrohen mit der steigenden Anzahl von Masernfällen das Leben derer, die selbst nicht geimpft werden können und deshalb vom Herdenschutz abhängig sind.

Die Verschleierungstaktiken von Impfgegnern und Homöopathen ähneln sich. Schwesig täte gut daran, sie sich genauer anzusehen. Und sich statt für Homöopathie für eine Medizin einzusetzen, in der der einzelne Mensch wieder mehr gesehen wird - nach allerbestem evidenzbasiertem Wissen.

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