Homo-Ehe:Gauck und die Befreiung

Der Bundespräsident äußert sich mutig - ganz anders als die Kanzlerin, die weiterhin abwartet.

Von Constanze von Bullion

Bundespräsident Joachim Gauck wünscht Deutschland eine mutigere Debatte über die Ehe für alle. Es sollte deutlicher werden, dass gleichgeschlechtlichen Paaren in fester Beziehung "die Chance für ein gleichwertiges Leben in Liebe und Partnerschaft gegeben wird", sagte Gauck kurz vor seinem Staatsbesuch in Irland. Die Gleichstellung einer Minderheit, wie die Iren sie kürzlich durchgesetzt haben, bedeute nicht, dass der Mehrheit etwas genommen werde oder sie in ihrer Lebensweise bedroht sei, so das Staatsoberhaupt.

Für einen ehemaligen Pastor und Urgroßvater wie Gauck, der in vielerlei Hinsicht zu den Wertkonservativen alter Schule gehört, ist das eine erfreulich furchtlose Ansage. Gauck muckt damit auch gegen die Kanzlerin auf, die die Debatte über die volle Gleichstellung Homosexueller in ängstlichem Schweigen auszusitzen sucht, also Benachteiligung perpetuiert, statt sie zu beenden.

Interessant an Gaucks Anstoß ist auch der Hinweis, er wisse aus persönlicher Erfahrung, was Menschen befreie und von Entfremdung löse. Gauck war selbst kein Heiliger in Liebesdingen, so wenig wie ein Horst Seehofer oder andere, die meinen, gleichgeschlechtliche Lebensweisen abwerten zu müssen. "Wer bin ich, dass ich urteile", sagte Papst Franziskus, als man ihn fragte, was er von schwulen Priestern halte. Wer sind wir, dass wir urteilen - das müssen sich viele fragen in Deutschland.

© SZ vom 13.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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