Holocaust in Weißrussland:Tatort Maly Trostenez

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Zehntausende Menschen starben in dem KZ: Maly Trostenez war der größte Vernichtungsort in Belarus während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg.

Dort wurden unter deutschem Befehl mindestens 60.000 Menschen ermordet, meist Juden. Sie waren aus Hamburg, Köln, Düsseldorf, Bremen, Frankfurt Berlin, Wien und Prag in Zügen mit jeweils 1.000 Menschen zwischen 1941 und 1942 nach Minsk deportiert worden.

Die Massenerschießungen in Maly Trostenez, das heute auf dem Stadtgebiet von Minsk liegt, begannen im Frühjahr 1942. In 34 Massengräbern wurden die Leichen zunächst verscharrt. Damit wurde Maly Trostenez zu einem der Hauptschauplätze des "Holocaust mit Kugeln".

"Vom Baby bis zum Greis wurden die Leute erbarmungslos erschossen. Manchmal hat man bei Babys noch die Kugeln gespart und sie lebendig in die Grube geworfen," sagt der Historiker und Direktor des Berliner Denkmals für die ermordeten Juden, Uwe Neumärker.

Russische Gefangene mussten Leichen nach Wertsachen absuchen

Als die sowjetische Rote Armee nach ihrem Sieg in der Schlacht von Stalingrad 1943 auf dem Vormarsch war, ordnete die deutsche Führung an, die Gräber auszuheben, die Toten auf letzte Wertsachen, etwa Zahngold, zu untersuchen und die Leichen zu verbrennen. Russische Gefangene, die dazu abkommandiert waren, wurden nach dieser sogenannten "Aktion 1005" ebenfalls erschossen.

Über die Zahl der Opfer sind deutsche und weißrussische Historiker uneins. Deutsche halten aufgrund der Deportationslisten etwa 60.000 Tote für belegt, weißrussische gehen von mindestens 200.000 Toten aus. "Allein die Menge der Asche belegt, dass es so viele sein müssen", sagt der orthodoxe Erzpriester von Minsk, Fjodor Powny.

Die deutsch-weißrussische Organisation Internationales Bildungs- und Begegnungswerk (IBB) aus Dortmund setzt sich seit der Perestroika für Verständigung mit Weißrussland ein und hat nach Bekanntwerden der Verbrechen von Maly Trostenez den Bau einer Gedenkstätte angeregt. 2016 unterzeichneten das IBB und die Stadt Minsk eine Vereinbarung zur Errichtung des Mahnmals.

Am 29. Juni 2018 wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier es nun einweihen. An der Finanzierung der Gedenkstätte haben sich auch das Auswärtige Amt, die Bethe-Stiftung und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge sowie private Spender, Kirchen und Kommunen aus Deutschland beteiligt.

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