Die Geschichte der westdeutschen NS-Prozesse wirft bis heute viele Fragen auf. Dass etwa die sogenannten Opferzeugen in Forschungen zu bundesdeutschen Holocaust-Prozessen lange eine eher vernachlässigte Größe waren, ging auf verschiedene Ursachen zurück. Außer der traditionellen Täterzentrierung des deutschen Strafrechts spielte eine Rolle, dass sich auch die Geschichtswissenschaft anfangs kaum mit den Opfern des Judenmords beschäftigte. Ein weiterer Grund war schließlich die insgesamt fehlende Sichtbarkeit aller NS-Opfer in der bundesdeutschen Nachkriegsgesellschaft. Während die Pionierarbeiten von Saul Friedländer und Christopher Browning dann den Weg für eine stärkere Einbeziehung von Opferperspektiven in der NS-Forschung ebneten, trugen internationale Entwicklungen wie das neue menschenrechtsfreundlichere Völkerstrafrecht zu einer erinnerungskulturellen Aufwertung von Opfern staatlicher Makrokriminalität bei.
Das Politische Buch:Die Stimmen der Opfer
Mit dem KZ Auschwitz, weltweites Symbol für die NS-Gräuel, befasste sich ein Frankfurter Schwurgericht zwischen 1963 und 1965. Blick auf die Angeklagten und ihre Anwälte: Hinten links der Angeklagte Victor Capesius, hinten rechts Wilhelm Boger.
(Foto: dpa)Katharina Stengel hat erforscht, wie Auschwitz-Überlebende vor westdeutschen Gerichten halfen, NS-Verbrecher zu überführen, und warum sie dennoch so oft auf Unverständnis stießen.
Rezension von Annette Weinke
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