Hohmann-Günzel-Affäre:Struck verteidigt Bundeswehr

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Der Verteidigungsminister sieht das Ansehen der Bundeswehr durch die Antisemitismus-Vorwürfe gegen General Reinhard Günzel zwar beschädigt. Er ist aber "fest davon überzeugt", dass die Bundeswehr "ein demokratisch gefestigter Verband in unserer Gesellschaft" ist. Auch andere Politiker warnten davor, die Bundeswehr unter Generalverdacht zu stellen.

Günzel räumte Struck zufolge bereits am Mittwoch seinen Schreibtisch am Standort der KSK in Calw im Schwarzwald. "Günzel hat mein Vertrauen in seine Führungsfähigkeit erschüttert", sagte Struck.

Wer Günzel als KSK-Kommandeur nachfolgt, war zunächst unklar. Der "wichtige Dienstposten" müsse rasch neu besetzt werden, sagte ein Sprecher des Ministeriums.

Struck wies daraufhin, dass der frühere Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) Günzel bereits im Jahr 1997 als Kommandeur des Schneeberger Bataillons abgemahnt und versetzt hatte, nachdem rechtsradikale Tendenzen in der Einheit bekannt geworden waren.

Grüne: Keine Toleranz bei Antisemitismus

Entscheidend für seine Entscheidung zur Entlassung Günzels sei aber dessen Brief an Hohmann gewesen, sagte Struck. Es könne nicht zugelassen werden, "dass sich Angehörige der Bundeswehr, egal ob General oder Gefreiter, jubelnd über braunes Gedankengut äußern".

Die Grünen verstärkten zugleich den Druck auf die CDU-Führung und forderten den Ausschluss des Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann. Dessen als antisemitisch auch von der Union gerügte Rede hatte Günzel ausdrücklich gelobt.

Der Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, forderte CDU-Chefin Angela Merkel erneut auf, nun Hohmann aus der Unions-Fraktion auszuschließen. Es dürfe "keine Toleranz bei Antisemitismus" und "keine falsche Rücksichtnahme" geben.

SPD: Hohmann in der Union kein Einzelfall

Zugleich forderte Beck den CSU-Verteidigungsexperten Hans Raidel auf, seine Aussagen zu Günzel zurückzunehmen. Raidel hatte der Berliner Zeitung gesagt, Günzel sei kein Rechtsradikaler, sondern "ein Mensch mit Grundsätzen". Raidels Einlassungen hätten in der Unions-Fraktion "Kopfschütteln" ausgelöst, hieß es.

Der SPD-Wehrexperte Rainer Arnold forderte in der Financial Times Deutschland eine Prüfung, "wie ein Mensch mit einer solchen Denkstruktur" gerade in einer Eliteeinheit Brigadegeneral geworden sei.

Der Historiker an der Bundeswehrhochschule München, Michael Wolffsohn, sagte im NDR, Günzels Haltung sei "nicht repräsentativ für den Geist der Bundeswehr".

Nach Ansicht der SPD ist Hohmann in der Union kein Einzelfall. Es sei bekannt, dass auch andere Abgeordnete von CDU/CSU sich in ähnlicher Weise geäußert hätten, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer Wilhelm Schmidt.

Im Fall Günzel wandte sich Schmidt dagegen, die Bundeswehr nun unter "Generalverdacht" zu stellen. Bislang gebe es keinen Hinweis für rechtsradikale Tendenzen in der Truppe.

Zentralrat der Juden lobt Struck

Unterdessen hat der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, hat die schnelle Entlassung des Bundeswehrgenerals Reinhard Günzel als beispielhaft begrüßt.

Verteidigungsminister Struck verdiene "volle Anerkennung, weil er so schnell reagiert hat", sagte Spiegel der Welt. "Ich betrachte es als Vorbild, wie man aus solchen Fällen Konsequenzen ziehen muss."

Spiegel forderte CDU-Chefin Angela Merkel dazu auf, sich an Strucks Vorgehensweise "ein Beispiel zu nehmen" und sich von dem Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann zu trennen. Dieser müsse nach seiner als antisemitisch eingestuften Rede, die von Günzel ausdrücklich gelobt worden war, aus Fraktion und Partei ausgeschlossen werden.

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