Hohlmeier-Ausschuss:Mein Name ist Stoiber, ich weiß von nichts

"Ich habe keine Kenntnisse über die Erkenntnisse von Frau Hohlmeier." Akten? Fakten? Hörensagen! Die Opposition erlebt einen gewandelten Ministerpräsidenten.

Kassian Stroh

Für Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause muss es eine Art Erweckungserlebnis gewesen sein: "Ich habe einen völlig neuen Ministerpräsidenten kennen gelernt", sagte sie, nachdem Edmund Stoiber bald drei Stunden vor dem Hohlmeier-Untersuchungsausschuss vernommen worden war.

Hohlmeier-Ausschuss: "Über Kenntnisse und Unkenntnisse von Frau Hohlmeier kann ich nichts sagen."

"Über Kenntnisse und Unkenntnisse von Frau Hohlmeier kann ich nichts sagen."

(Foto: Foto: ddp)

"Einen, der sich nicht um die Akten kümmert, der sich nicht informiert." Einen Regierungschef und CSU-Parteivorsitzenden, der von keinem Problem etwas gewusst haben wolle.

Kurz: "Es ist erstaunlich, welchen Wandel der Ministerpräsident in den letzten Monaten gemacht hat", bilanzierte Bause.

Denn immer wieder hatte Stoiber zuvor auf die entscheidenden Fragen mit Sätzen geantwortet wie: "Damit wurde ich nicht befasst." Oder: "Das weiß ich nicht." Er könne sich "natürlich nicht an Einzelheiten erinnern", so leitete Stoiber sein Statement ein zu den teuren Pannen beim Rahmenprogramm zur Fußball-WM, deren Zustandekommen der Ausschuss untersuchen soll.

Nur so viel weiß er noch: Hätte er "Kenntnis" gehabt über den wahren Stand der Projekte, die von der im Kultusministerium angesiedelten Task Force organisiert wurden, "hätte ich logischerweise eingegriffen".

Dafür aber machte er indirekt die damalige Kultusministerin Monika Hohlmeier verantwortlich: Die Finanzierung der Projekte sei Sache des Ministeriums gewesen; Hohlmeier aber habe immer gesagt, "es ist alles im grünen Bereich".

Im roten Bereich

Der indes wurde ziemlich bald rot nach ihrem Rücktritt im April 2005: So verursachte allein der Kongress "Visions of Football" der Staatsregierung ein Defizit von 1,6 Millionen Euro.

"Kenntnis" war überhaupt Stoibers Lieblingswort an diesem Tag. Davon hatte er eher wenig - und das führte dann zu so schönen Sätzen wie: "Ich habe keine Kenntnisse über die Erkenntnisse von Frau Hohlmeier."

Und: "Über Kenntnisse und Unkenntnisse von Frau Hohlmeier kann ich nichts sagen." Als Stoiber einmal auf mehrere Fragen hintereinander derart antwortete, bemerkte der Ausschussvorsitzende Engelbert Kupka (CSU) lapidar, das sei ja auch eine "konsequente Fortsetzung der Antwort".

Die Betroffene indes konnte dem Regierungschef nicht auf die Sprünge helfen: Interessanterweise waren weder Monika Hohlmeier noch ihr Rechtsanwalt zu der Ausschusssitzung erschienen - ein Novum.

Wie auch die Tatsache, dass Stoiber gestern als letzter Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss aussagen durfte - also nachdem die Aussagen aller anderen bereits bekannt waren. Dieses Recht steht üblicherweise der Betroffenen, also Hohlmeier, zu.

Dass jedoch Stoiber den Abschluss der anderthalbjährigen Beweisaufnahme darstellte, hatte die CSU-Mehrheit im Ausschuss durchgesetzt.

Zwar hielt am Ende der SPD-Abgeordnete Hans-Ulrich Pfaffmann die Ausführungen Stoibers für "unglaubwürdig": "Immer, wenn es eng wird, sind andere schuld: Ministerialbeamte, Staatssekretäre, Minister."

Mein Name ist Stoiber, ich weiß von nichts

Doch der Opposition gelang es nicht, Stoiber konkrete Mitwisserschaft nachzuweisen - trotz diverser Aktenvermerke, die sie ihm unter die Nase hielt und in denen von möglichen Problemen die Rede war.

Stoiber hatte zwar, wie er gestern ausführte, in der Fußball-WM die "riesige Chance" gesehen, Werbung für Bayern zu machen. Und ausführlich erzählte er auch noch einmal von seinem Kampf hinter den Kulissen, dass die WM-Eröffnung in München stattfindet und nicht in Berlin.

Die Bühne wollte man ja nicht dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder überlassen, wie intern festgelegt wurde. Doch mit Details will Stoiber sich nicht beschäftigt haben.

Alle wussten Bescheid - nur Stoiber nicht

So gab er gestern nur zu, was in den Akten steht oder was sein Büroleiter Michael Höhenberger vor dem Ausschuss bereits ausgesagt hatte. Oder er erinnerte sich nicht.

Das galt auch für den zweiten Komplex, zu dem Stoiber befragt wurde: zu den manipulierten parteiinternen Wahlen in der Münchner CSU in den Jahren 2002 und 2003.

Von all dem habe er nur aus der Zeitung erfahren, und nie habe er intern die Wahlfälscher mit dem Kompliment bedacht: "Hund seids scho!" Diese Äußerung hatte ein früherer Funktionär der Münchner Jungen Union kolportiert.

Im Gegenteil: Über derlei Meldungen sei er "außerordentlich empört" gewesen, sagte Stoiber. "Solche Machenschaften haben in unserer Partei keinen Platz." Ob er es denn nicht außergewöhnlich finde, dass von den Manipulationen alle gewusst hätten, die Münchner CSU, die Landesleitung der Partei, ihr Generalsekretär - nur er nicht, fragte Pfaffmann Stoiber noch.

Darauf aber musste er nicht antworten. Die Frage sei unzulässig, befand der Vorsitzende Kupka. Keine Sachfrage.

Bei Wertungen kann man sich nicht auf Nichtwissen und Erinnerungslücken berufen.

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