Auslandsspenden für SSW:Kiel wählt, Kopenhagen zahlt

  • Der Südschleswigsche Wählerverband SSW sitzt seit 1958 ununterbrochen im Kieler Landtag. Die Partei der dänischen Minderheit ist von der Fünf-Prozent-Hürde befreit.
  • Der jetzt veröffentliche Rechenschaftsbericht für das Jahr 2013 offenbart eine pikante Verquickung zwischen Dänemark und dem SSW.
  • Dem Bericht zufolge hat die Partei 2013 vom dänischen Staat Spenden in Höhe von 458 000 Euro enthalten - eine gewaltige Summe.

Von Robert Roßmann

Im deutschen Parteiensystem gibt es viele Besonderheiten, der SSW ist vermutlich die größte. Die Partei hat es seit mehr als einem halben Jahrhundert nicht mehr geschafft, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. Trotzdem sitzt sie seit 1958 ununterbrochen im Kieler Landtag. Seit 2012 stellt sie sogar eine Ministerin. Anke Spoorendonk heißt die Frau, sie ist Ministerin für Justiz, Kultur und Europa. In Schleswig-Holstein ist der SSW das Zünglein an der Waage. SPD und Grüne haben ohne den Südschleswigschen Wählerverband keine Mehrheit.

Möglich ist das alles nur, weil der SSW als Partei der dänischen Minderheit seit 1955 von der Fünf-Prozent-Hürde befreit ist. Es gibt nur wenige Regionen in Europa, in denen sich zwei Staaten so vorbildlich um die Minderheiten im jeweils anderen Land kümmern, wie Deutschland und Dänemark in Schleswig.

CDU und SPD bekamen keine so große Spende

Der jetzt veröffentliche Rechenschaftsbericht des SSW für das Jahr 2013 offenbart allerdings eine Verquickung zwischen Dänemark und dem SSW, die einen Hautgout hat. Dem Bericht zufolge hat die Partei in dem Jahr vom dänischen Staat Spenden in Höhe von 458 000 Euro enthalten. Als Gebername ist in dem Zahlenwerk "Sydslesvigudvalget / Undervisningsministeriet" eingetragen. Das heißt "Südschleswig-Ausschuss/Bildungsministerium". 2012 flossen 392 120 Euro aus dem Ministerium an den SSW.

458 000 Euro sind als Parteispende eine gewaltige Summe. CDU und SPD haben im gesamten Bundesgebiet keine einzige Gabe in dieser Größenordnung erhalten. Die Spende aus Dänemark macht mehr als 70 Prozent der SSW-Gesamteinnahmen aus. Die Partei hat nicht einmal 3700 Mitglieder. Die SPD müsste 57 Millionen Euro erhalten, um je Mitglied genauso reich beschenkt zu werden.

Angesichts der gewaltigen Spenden stellt sich die Frage, ob eine Regierungspartei von einem anderen Staat finanziert werden darf. Beim SSW war am Donnerstag weder in der Parteizentrale noch in der Fraktion jemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

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(Foto: SZ-Grafik; Quelle: Landeswahlleiter)

Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner, der mit dem SSW koaliert, sieht in der Spende kein Problem - obwohl seine SPD seit Langem eine Spendenobergrenze von 100 000 Euro verlangt. Stegner sagte der SZ, für den SSW würden "ja auch an anderer Stelle besondere Regeln gelten". Im juristischen Sinne möge es eine Spende sein, "de facto ist es die Förderung des dänischen Staates für die Arbeit des SSW, die von Kultur bis zur politischen Interessenvertretung der dänischen Minderheit reicht". Deswegen seien die 458 000 Euro auch kein Verstoß gegen die von der SPD gewünschte Spendenobergrenze.

Warum der dänische Staat die dänische Minderheit in Deutschland aber ausgerechnet über eine politische Partei fördern muss, sagte auch Stegner nicht.

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