Hochschulen:Wie der Vater, so der Sohn

Kinder, deren Eltern nicht studiert haben, meiden die Uni trotz Abitur. Eine Studie erklärt jetzt die Gründe.

Von Johann Osel

Haben die Eltern studiert, beginnen die Kinder nach dem Abitur fast selbstverständlich ein Studium. Haben die Eltern aber nicht studiert, scheuen junge Leute den Weg an die Universität - trotz Abitur. Gut 40 Prozent aus dieser Gruppe wählen dann lieber eine Ausbildung. Wer aber früh und passgenau über den Nutzen und die Finanzierung eines Studiums informiert wird, entscheidet sich doch für die Universität. Das schreiben Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) in einer Studie. Mehr als 1500 Berliner Schülern wurden von 2013 bis 2016 dazu befragt. Erstmals lasse sich dadurch für Deutschland nachweisen, dass gezieltes Informieren die Studienabsichten von Abiturienten beeinflussen kann, teilten die beiden Institute mit.

Nach den Ergebnissen der Untersuchung hat der Studienwunsch mit den schulischen Leistungen oft wenig zu tun. Die Wissenschaftler gehen vielmehr davon aus, dass Akademiker-Kinder motivierter sind, ein Studium zu beginnen, auch weil sie in puncto Karriere nicht hinter den Eltern zurückbleiben wollen. Darüber hinaus würden sie zu Hause direkt oder indirekt dazu aufgefordert, den "Status" der Familie zu erhalten. Abiturienten mit Eltern ohne akademischen Abschluss dagegen achten mehr aufs Geld, und viele Familien halten ein Studium für zu teuer. Die Eltern raten eher zu einer Lehre, da dort schnell ein Einkommen in Aussicht steht. Offenbar fehlt es an Wissen über finanzielle Hilfen wie Stipendien und Bafög. Die Studie zeigt auch, dass viele Schüler nicht wissen, dass Bafög erst nach dem Studium peu a peu und bei gutem Einkommen zurückgezahlt werden muss. Anscheinend fremdeln diese Familien generell mit der Hochschulwelt.

Familien ohne Uni-Erfahrung fremdeln anscheinend generell mit der Hochschulwelt

Auch andere Untersuchungen zeigten bereits den Einfluss der Eltern bei der Studien- und Berufswahl: Die Familie ist mit Abstand der wichtigste Ratgeber. In einer Umfrage des Allensbach-Instituts im Auftrag der Vodafone-Stiftung gaben 86 Prozent der Mütter und Väter an, mit ihrem Kind über die berufliche Zukunft zu reden und gemeinsam Pläne zu schmieden.

Die Wissenschaftler von DIW und WZB wählten für die aktuelle Untersuchung 27 Schulen in Migranten-Kiezen von Berlin. Nach dem Zufallsprinzip informierten sie an ausgewählten Schulen angehende Abiturienten in Workshops über Bafög und die Vorteile eines Studienabschlusses: Akademiker sind seltener arbeitslos und verdienen im Schnitt 1,8 Mal mehr als Berufstätige ohne Examen. Die Schüler wurden zu ihrer Einstellung anschließend mehrmals befragt, zum letzten Mal ein Jahr nach dem Workshop. Insgesamt wollten die Kursteilnehmer häufiger studieren als ihre Mitschüler ohne das Zusatzwissen. Bei Abiturienten, deren Eltern kein Abitur hatten, war der Wunsch nach einem Studium um bis zu zwölf Prozentpunkte höher als in einer Gruppe ohne Workshop.

Die Studie zeigt, dass gezielte Information und direkte Ansprache hilft. Generell mangelt es nicht an Broschüren oder Internetseiten für Schulabgänger. In der Allensbach-Umfrage fühlte sich aber die Hälfte der Jugendlichen (in diesem Fall aller Schularten) schlecht informiert über Studium und Beruf. Vor allem die vielen Online-Angebote von Hochschulen, Firmen, Kammern, Organisationen sowie all die sonstigen Portale dürften eher ein Dschungel als eine Hilfe sein.

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