Die Deutsche Fußball Liga (DFL) ist im Streit um eine Beteiligung an den Polizeikosten für Hochrisikospiele am Bundesverfassungsgericht gescheitert. Ihre Verfassungsbeschwerde gegen eine entsprechende Regelung aus Bremen blieb ohne Erfolg, wie der Erste Senat in Karlsruhe verkündete (Az. 1 BvR 548/22). Die Bundesländer dürfen ihre Kosten somit dem Profifußball in Rechnung stellen. „Die Erhebung einer solchen Gebühr genügt als Berufsausübungsregel den verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere denen der Verhältnismäßigkeit“, sagte der Vorsitzende des Ersten Senats, Stephan Harbarth. Damit ist der zehn Jahre dauernde Streit um die Gebühren beendet.
Zwei Fan-Organisationen kritisierten das Urteil. Es sei „ein Freifahrtschein für einen immer aggressiver und martialischer auftretenden Polizeiapparat“, sagte Linda Röttig, Mitglied im Vorstand des Dachverbands der Fanhilfen, in einer Stellungnahme. Die Organisation „Unsere Kurve“ teilte mit, sie nehme das Urteil „fassungslos zur Kenntnis“, und verwies darauf, dass die Gewährleistung öffentlicher Sicherheit und Ordnung eine Kernaufgabe des Staates sei. „Gemäß dem Steuerstaatsprinzip hat diese Gewährleistung aus Steuermitteln zu erfolgen. Und hier leistet der deutsche Profifußball bereits seinen Beitrag – zuletzt in Höhe von circa 1,6 Milliarden Euro pro Jahr.“
Bremens Innensenator Ulrich Mäurer zeigte sich dagegen erfreut über das Urteil: „Die Entscheidung ist voll befriedigend, da bleibt nichts offen. Es ist ein sehr schöner Tag.“ Er schlug vor, nun „einen Fonds einzurichten, dann muss nicht jedes Land einzeln eine Gebührenordnung einführen“. Fraglich ist, welche Länder dem Beispiel Bremens folgen und den Profifußball zur Kasse bitte werden – unter anderem Hamburg und Niedersachsen hatten sich nach dem Urteil dafür offen gezeigt.
„Der Druck auf den Profifußball ist gewachsen – dem kann man sich natürlich verweigern“, sagte Mäurer. „Aber man muss so oder so zahlen.“ Er sei sich „sicher, dass wir in der Bundesinnenministerkonferenz eine Mehrheit organisieren können, um das Thema endgültig zu beenden.“
DFL-Aufsichtsratsvorsitzender Watzke: „Verantwortung auch der einzelnen Landesregierungen“
Die DFL-Spitze hatte schon einer Niederlage vorgebaut. „Es wird nicht so kommen, dass die Klubs aus den Bundesländern, in denen diese Kosten nicht erhoben werden, in einen Solidartopf einzahlen“, sagte der DFL-Aufsichtsratsvorsitzende Hans-Joachim Watzke - und erteilte damit einem gemeinsamen Fonds der Profivereine eine Absage: „Das ist schon die Verantwortung auch der einzelnen Landesregierungen.“
Als Hochrisikospiele werden Spiele bezeichnet, bei denen besonders mit Auseinandersetzungen zwischen den Fan-Lagern gerechnet wird. Nach DFL-Angaben gab es etwa in der Saison 2022/23 bei insgesamt 612 Begegnungen in der ersten und zweiten Liga 52 sogenannte Rotspiele. Bei normalen Bundesligaspielen in Bremen sind 500 bis 600 Ordnungskräfte im Einsatz, bei Hochrisikospielen 800 bis 1000.
Im Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetz ist seit 2014 festgehalten, dass die Freie Hansestadt bei gewinnorientierten Veranstaltungen mit mehr als 5000 Menschen Gebühren für polizeiliche Mehrkosten erheben kann, wenn bei der Veranstaltung erfahrungsgemäß Gewalthandlungen zu erwarten sind. Die DFL hält die Regelung für verfassungswidrig.
Erster Gebührenbescheid kam 2015
Den ersten Gebührenbescheid bekam die DFL im Jahr 2015 – damals zu einer Bundesliga-Partie zwischen dem SV Werder Bremen und dem Hamburger SV. Rund 400 000 Euro stellte der Stadtstaat Bremen der DFL für die Polizeikosten in Rechnung. Weitere Bescheide folgten. Insgesamt geht es nach Angaben der Stadt Bremen mittlerweile um Gebühren in Höhe von mehr als drei Millionen Euro.
Auch abseits von sogenannten Hochrisikospielen kosten die Polizeieinsätze bei Fußballspielen viel Geld. So summierten sich in der Saison 2022/23 in Rheinland-Pfalz die Kosten bei allen Partien der ersten und zweiten Liga, der Regionalliga, der Oberliga, bei Pokalpartien, einer Relegationsbegegnung und einem Länderspiel auf insgesamt rund 4,6 Millionen Euro. Gewalt in und um Stadien beschäftigte immer wieder die Innenministerkonferenzen – auch wegen der anhaltenden Pyrotechnik-Problematik in den Fankurven.