Historische Gipfeltreffen der US-Präsidenten:Als Chruschtschow Kennedy eine Lektion erteilte

Wenn US-Präsidenten einen Gipfel ankündigen, um internationale Konflikte zu entschärfen, sind die Erwartungen hoch. Aber erfüllt haben sie sich nur manchmal. Ein Rückblick auf die vergangenen 99 Jahre.

Von Johannes Kuhn

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Woodrow Wilson in Versailles 1919

Woodrow Wilson in Versailles

Quelle: Getty Images

Als Woodrow Wilson 1919 nach Europa reist, ist dies der erste Besuch eines US-Präsidenten dort überhaupt. Wilson bleibt fast sechs Monate. Doch trotz seiner Bemühungen bringen die Pariser Friedensverhandlungen nach dem Ersten Weltkrieg nicht den von ihm anvisierten "allgemeinen Weltfrieden" unter der Regie des Völkerbundes. Frankreich und Großbritannien setzen durch, dass die Kriegsverlierer zahlen müssen - und der Völkerbund-Vertrag fällt später sogar daheim im US-Senat durch. Versailles und die deutschen Reparationsverpflichtungen werden später von Adolf Hitler und den Nationalsozialisten intensiv genutzt, um Stimmung für sich zu machen.

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Franklin D. Roosevelt in Jalta 1945

Der britische Premier Winston Churchill, US-Präsident Franklin Roosevelt und Sowjetführer Joseph Stalin

Quelle: Getty Images

Im Februar 1945, wenige Monate vor Ende des Zweiten Weltkriegs, kommen US-Präsident Franklin D. Roosevelt, der britische Premier Winston Churchill und der Sowjetführer Josef Stalin im Krim-Badeort Jalta zusammen, um über die Zukunft Europas zu verhandeln. Roosevelt hat zu diesem Zeitpunkt nur noch wenige Wochen zu leben, er ist schwach und überschätzt seinen Spielraum. Und er glaubt Stalin, der Demokratie für Osteuropa verspricht. Die Neuordnung Europas sorgt einerseits für territoriale Stabilität, zugleich legt sie den Grundstein für den Kalten Krieg, der in den Jahrzehnten darauf in Europa, Asien, Südamerika und Afrika zu Auseinandersetzungen führt.

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John F. Kennedy und Chruschtschow in Wien 1961

Nikita Chruschtschow und John F. Kennedy

Quelle: AP

Nach nur vier Monaten im Amt muss der US-Präsident John F. Kennedy die Verantwortung für die gescheiterte Schweinebucht-Invasion auf Kuba übernehmen, mit der Fidel Castros Regime gestürzt werden sollte. Nun, Anfang Juni 1961, versucht der 44-jährige US-Präsident, sich außenpolitisch zu profilieren. Doch seine Strategie, zum sowjetischen Staats- und Parteichef Nikita Chruschtschow ein freundschaftliches Verhältnis aufzubauen, wird zu einer schmerzhaften Lehrstunde für den Amerikaner: Der 67-jährige Chruschtschow hält den Neuling für schwach, die Gespräche verlaufen feindselig. "Ich möchte Frieden. Aber wenn Sie einen Atomkrieg wollen, dann können Sie ihn haben", sagt er dem schockierten US-Präsidenten. Der Sowjetführer sei "über mich hergefallen", klagt Kennedy nur Stunden nach dem Gipfel einem Reporter. Nicht einmal zwei Monate später beginnt in Berlin der Mauerbau, ein Jahr später droht aufgrund der Kuba-Krise fast ein Atomkrieg.

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Richard Nixon in China 1972

Richard Nixon und Mao Zedong 1972 in China

Quelle: AFP

Eine Woche lang bereist Richard Nixon die 1949 gegründete Volksrepublik China - als erster US-Präsident. Obwohl Außenminister Henry Kissinger den Besuch ein Jahr im Hintergrund vorbereitet hat, ist anfänglich noch nicht einmal klar, ob Mao Zedong den Republikaner empfangen wird. Das Treffen findet statt, beide Länder stellen die diplomatischen Beziehungen wiederher. Als überzeugter Antikommunist steht Nixon im eigenen Land nicht unter dem Verdacht, sozialistische Umtriebe zu verfolgen. "Es brauchte Nixon, um nach China zu gehen", heißt es später. Mehr als 45 Jahre danach ist China dabei, den USA als Weltmacht den Rang abzulaufen - und nebenbei der größte Gläubiger für amerikanische Staatsanleihen.

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Jimmy Carter, Menachem Begin und Anwar al-Sadat in Camp David 1978

Ägyptens Präsident Anwar as-Sadat, US-Präsident Jimmy Carter und Israels Premier Menachem Begin in Camp David

Quelle: AFP

Zwölf Tage beherbergt US-Präsident Jimmy Carter Israels Premier Menachem Begin und Ägyptens Präsidenten Anwar al-Sadat im präsidialen Erholungssitz Camp David. Doch in den Geheimverhandlungen scheint nur der Amerikaner an einer Lösung des Konflikts zwischen den Ländern interessiert: Am elften Tag lässt Sadat schon seinen Helikopter für die Abreise vorbereiten, als Carter auf seinem gelben Schreibblock einen weiteren Entwurf skizziert und seinen Gästen mit dem Entzug der amerikanischen Unterstützung droht. Das ist der Durchbruch: Das Abkommen wird Grundlage für den israelisch-ägyptischen Friedensvertrag, der formal den Kriegszustand zwischen beiden Ländern beendet, der seit dem Sechs-Tage-Krieg 1967 herrscht. Israel und Ägypten erkennen sich gegenseitig an. Sadat und Begin erhalten den Friedensnobelpreis. Die Hoffnung, dass damit eine Friedensära in Nahost beginnt, erfüllt sich jedoch nicht.

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Ronald Reagan und Michail Gorbatschow in Reykjavík 1986

Sowjetführer Michail Gorbatschow und US-Präsident Ronald Reagan

Quelle: AFP

Alles scheint schiefzulaufen: Obwohl beide Seiten zur Abrüstung ihrer Mittelstreckenraketen bereit sind, scheitert der Gipfel in Islands Hauptstadt Reykjavík schon am zweiten Tag. Ronald Reagan weigert sich, seine Pläne für einen Weltraum-Raketenabwehrschirm (Name: "Strategic Defense Initiative", SDI) zu beerdigen. Der Sowjetchef Michail Gorbatschow glaubt nicht an die Zugeständnisse, die der US-Präsident stattdessen verspricht. Weil Gorbatschow innenpolitisch unter Druck steht, redet er danach vor der Presse dennoch von einem Erfolg - und Reagan kann schlecht widersprechen. Man verhandelt weiter, ein Jahr später einigt man sich auf die Vernichtung aller nuklearen Mittelstreckenraketen.

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George W. Bush und Wladimir Putin auf Schloss Brdo 2001

US-Präsident George W. Bush und Russlands Präsident Wladimir Putin

Quelle: AFP

US-Präsident George W. Bush ist noch kein halbes Jahr im Amt, als er im Juni 2001 dem russischen Präsidenten auf Schloss Brdo in Slowenien zum ersten Mal Auge in Auge gegenübersteht. Zuvor hatte er ihn als "einen ziemlich kalten Typen" wahrgenommen. Und nun? "Ich fand ihn sehr geradlinig und vertrauenswürdig", sagt Bush danach über Putin, "ich habe es geschafft, einen Eindruck von seiner Seele zu bekommen." Obwohl das wie der Beginn einer politischen Freundschaft wirkt, kühlt die Beziehung zwischen beiden in den folgenden Jahren deutlich ab: Nach der Irak-Invasion 2003, der "Orangefarbenen Revolution" in der Ukraine 2004 sowie dem Georgien-Konflikt 2008 ist das russisch-amerikanische Verhältnis zerrüttet - und Bush gilt vielen als Naivling, der sich von Russlands Präsidenten täuschen ließ.

© SZ.de/mcs
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