Historische Entschuldigungen:Es tut uns so leid!

Der australische Premier hat sich bei den Aborigines für vergangenes Unrecht entschuldigt. Hier sind weitere Beispiele für Aufsehen erregende Abbitten - und für Gruppen und Völker, die noch auf eine Entschuldigung warten.

17 Bilder

Premier Rudd spricht nach seiner Rede im australischen Parlament mit der prominenten Aborigine Lowitja O'Donoghue.

Quelle: SZ

1 / 17

Unter großer öffentlicher Anteilnahme entschuldigte sich der australische Premier Kevin Rudd am Dienstag im Namen der australischen Regierung für den "tiefen Kummer, die Leiden und die Verluste", die den Ureinwohnern Australiens zugefügt worden waren. "Wir entschuldigen uns besonders für die Trennung von Aborigines-Kindern von ihren Familien und ihrer Heimat", sagte er.

Bild: Premier Rudd spricht nach seiner Rede im australischen Parlament mit der prominenten Aborigine Lowitja O'Donoghue.

Foto: AFP

Aborigines

Quelle: SZ

2 / 17

Mehr als 100.000 Aborigines-Kinder der sogenannten "Stolen Generations" ("gestohlene Generationen") waren zwischen 1900 und 1960 ihren Familien entrissen worden. Den Eltern wurde vorgeworfen, ihre Kindern zu vernachlässigen. So wuchsen die Kinder fern der vertrauten Umgebung in Heimen oder bei Pflegefamilien auf.

Bild: Aborigines-Familien hören der Ansprache des australischen Premiers Kevin Rudd zu.

Foto: AFP

Willy Brandts Kniefall in Warschau

Quelle: SZ

3 / 17

Eine andere Entschuldigung, die weltweit Beachtung fand: Der Kniefall Willy Brandts am 7. Dezember 1970 vor dem Mahnmal des Warschauer Ghetto-Aufstandes. Nicht nur in Polen wurde diese Geste als Bitte um Vergebung für die deutschen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg verstanden.

Foto: dpa

Kohl und Mitterand in Verdun

Quelle: SZ

4 / 17

Dieses Bild ging ins kollektive Gedächnis der Deutschen und Franzosen ein: Auf einem Soldatenfriedhof in Verdun reichen sich Helmut Kohl und der französische Präsident François Mitterand 1984 die Hände.

Hunderttausende deutsche und französische Soldaten waren in den mörderischen Grabenkämpfen des Ersten Weltkrieges hier umgekommen; der Händedruck symbolisierte die dauerhafte Aussöhnung der ehemaligen "Erbfeinde".

Foto: dpa

Konrad Adenauer und Ben Gurion

Quelle: SZ

5 / 17

Um eine Annäherung zwischen Deutschland und Israel nach den Verbrechen des Holocaust bemühte sich bereits Konrad Adenauer. Im Bundestag erklärte er 1951: "Im Namen des deutschen Volkes sind unsagbare Verbrechen begangen worden, die zur moralischen und materiellen Wiedergutmachung verpflichten".

Im Luxemburger Abkommen von 1952 verpflichtete sich Deutschland, die Eingliederung jüdischer Flüchtlinge in Israel finanziell zu unterstützen.

Im Bild: Konrad Adenauer (rechts) mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ben Gurion

Foto: dpa

Bundespräsident Johannes Rau

Quelle: SZ

6 / 17

Als erster deutscher Bundespräsident sprach Johannes Rau im Jahr 2000 vor der Knesset, dem israelischen Parlament. Er bat um Vergebung "für das, was Deutsche getan haben, für mich und meine Generation".

Rau äußerte aber auch die Hoffnung, dass eine gemeinsame Zukunft von Deutschen und Israelis möglich sei. Gerade junge Menschen aus beiden Ländern sollten sich "kennen lernen, sich gemeinsam mit der Vergangenheit auseinandersetzen und gemeinsam Zukunft suchen", sagte Rau.

Foto: Reuters

Heidemarie Wieczorek-Zeul

Quelle: SZ

7 / 17

Erst 2004 entschuldigte sich die deutsche Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul beim afrikanischen Volk der Herero. Genau hundert Jahre früher hatten kaiserliche Truppen in der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika (heute: Namibia) den Aufstand der Herero blutig unterdrückt. Sie wurden in wasserlose Wüstengebiete abgedrängt und in Internierungslager gesperrt. Ein bis zwei Drittel des Herero-Volkes kamen damals nach Schätzungen um.

"Die damaligen Gräueltaten waren das, was heute als Völkermord bezeichnet würde", sagte Wieczorek-Zeul bei der 100-jährigen Gedenkfeier des Aufstandes in Namibia.

Sie bat die Hereros um Vergebung für die Schuld, "die Deutsche damals auf sich geladen haben". Entschädigungszahlungen hingegen lehnt die Bundesregierung ab.

Foto: dpa

Cheyenne-Indianer

Quelle: SZ

8 / 17

Die amerikanischen Ureinwohner hingegen warten noch auf eine offizielle Entschuldigung der US-Regierung. Die europäischen Siedler, die ab dem 17. Jahrhundert Nord-Amerika besiedelten, brachten Krankheiten und Tod über die sogenannten "Indianer". Christoph Kolumbus gab ihnen diesen Namen, weil er dachte, bei seiner Seefahrt auf Indien gestoßen zu sein.

Heute nennen sich die rund 4 Millionen verbliebenen Ureinwohner "Native Americans". Eine Resolution mit der Bitte um Entschuldigung...

Bild: Cheyenne-Indianer beim nationalen Pow Wow-Treffen 2005, wo jährlich Hunderte von amerikanischen Ureinwohnern zusammenkommen.

Foto: AFP

-

Quelle: SZ

9 / 17

...brachte US-Senator Sam Brownback aus Kansas im Jahr 2007 im Kongress ein.

Das Schriftstück zählt das Unrecht auf, das den "Native Americans" im Namen der Vereinigten Staaten angetan wurde: Gebrochene Verträge, Vertreibung aus den Stammesgebieten, die Zerstörung heiliger Stätten bis hin zu Massakern.

Gleichzeitig erkennt die Resolution die Verdienste der amerikanischen Ureinwohner um die Vereinigten Staaten an: Diese hätten "jahrtausendelang dieses Land, das wir wertschätzen, verehrt und beschützt".

Ob und wann diese Entschuldigung "im Namen der Vereinigten Staaten bei allen eingeborenen Völkern für Unrecht, Misshandlung und Vernachlässigung" verabschiedet wird, ist unklar.

Viel erleiden...

Bild: Das älteste Foto eines "Indianers" mit Federschmuck und Mokassins entstand 1845.

Foto: dpa

-

Quelle: SZ

10 / 17

...mussten auch afrikanische Sklaven, die über Jahrhunderte in die Vereinigten Staaten verschleppt wurden. Ob sich die USA für dieses Verbrechen entschuldigt haben, kommt auf die Perspektive an.

Der ehemalige Präsident Bill Clinton besuchte 1998 Goree Island, eine Insel vor der Küste Senegals, die früher als Haupt-Umschlagplatz im Sklavenhandel diente.

Dort sprach Clinton zwar davon, dass die Vorfahren der Afro-Amerikaner die Fahrt über den Ozean "nicht auf der Suche nach Freiheit" angetreten hätten. An gleicher Stelle bezeichnete George W. Bush sechs Jahre später die Sklaverei sogar als "eines der größten Verbrechen der Geschichte". Beide Präsidenten konnten sich jedoch nicht dazu durchringen, sich direkt bei den Nachfahren der aus Afrika verschleppten Sklaven zu entschuldigen.

Bild: Bill Clinton bei seinem Besuch auf Goree Island.

Foto: AP

Denkmal für die Befreiung der Sklaven auf Goree Island

Quelle: SZ

11 / 17

Der Republikaner Steve Cohen will da weiter gehen. Seine 2007 eingebrachte Resolution beschreibt die "grundlegende Ungerechtigkeit und Grausamkeit der Sklaverei und der Rassentrennungsgesetze" und entschuldigt sich im Namen der amerikanischen Nation für "das Unrecht, das den Afro-Amerikanern und ihren Vorfahren zugefügt wurde".

Bis heute hat das US-Repräsentantenhaus die Resolution nicht verabschiedet.

Bild: Denkmal für die Befreiung der Sklaven auf Goree Island.

Foto: AFP

Papst Johannes Paul II im Jahr 2000

Quelle: SZ

12 / 17

Auf eine Entschuldigung der katholischen Kirche für Fehler in der Vergangenheit hatten viele Gläubige und Nicht-Gläubige lange gewartet.

Am Aschermittwoch des "Heiligen Jahres 2000" war es dann soweit: Im Bußgottesdienst bat Papst Johannes Paul II um Vergebung. Christen hätten "Methoden der Intoleranz zugelassen" und die "Kulturen und religiösen Traditionen" von anderen Völkern verachtet. Gegenüber schwächeren Gruppen wie "Einwanderern und Zigeunern" hätten sich Christen feindlich verhalten.

Als besonders umstritten...

Foto: AP

Papst Johannes Paul II im Jahr 2000

Quelle: SZ

13 / 17

... galt die Passage über die Rolle der Kirche bei der Entstehung von Antisemitismus und der Judenverfolgung. Der Papst entschied sich für eine schuldbewusste, aber relativ vage Formulierung: "Nicht wenige" Christen hätten "Sünden" begangen gegen die Juden, "das Volk des Bundes und der Seligpreisungen", hieß es im Bekenntnis.

Für all das bat Johannes Paul II Gott um Vergebung: "Erbarme dich deiner sündigen Kinder", hieß es im Gebet.

Foto: dpa

Armenier 1915

Quelle: SZ

14 / 17

Seit Jahrzehnten kämpfen die Armenier für die Anerkennung des Völkermordes, dem nach Schätzungen mehr als 1,5 Millionen Menschen zum Opfer fielen.

Während und nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Armenier in der Osttürkei Opfer von Massakern und gewaltsamen Umsiedlungen, weil die Türken sie beschuldigten, mit dem Kriegsgegner Russland zusammenzuarbeiten.

Auf eine Entschuldigung seitens der Türkei...

Bild: Ein Foto von 1915 zeigt die Leiche eines ermordeten armenischen Jungen.

Foto: dpa

-

Quelle: SZ

15 / 17

...hoffen die Armenier in nächster Zeit wohl vergeblich.

Die türkische Regierung lehnt die Bezeichnung "Völkermord" ab. Das Europäische Parlament hingegen hat sich dafür ausgesprochen, die Anerkennung des Völkermordes zur Bedingung für den türkischen EU-Beitritt zu machen.

In Frankreich soll die Leugnung des Genozids an den Armeniern sogar unter Strafe gestellt werden.

Bild: Armenier demonstrieren 2000 in Paris; Anlass ist der 85. Jahrestag des Beginns der Massaker im Jahr 1915. Das Plakat zeigt türkische Soldaten mit den Leichen von armenischen Männern.

Foto: AP

-

Quelle: SZ

16 / 17

Ein Mann, der Geschichte machte und sich für die sowjetische Geschichte entschuldigte: Michail Gorbatschow. Als letzter sowjetischer Staatspräsident entschuldigte er sich für einige der Verbrechen, die seine Vorgänger zu verantworten hatten.

Die Verantwortung für das Massaker von Katyn...

Foto: ddp

-

Quelle: SZ

17 / 17

...hatten die Sowjets lange den deutschen Nazis angelastet.

1940 waren in einem Wald nahe des polnischen Ortes Katyn mehrere tausend polnische Offiziere ermordet worden. Erst im April 1990 gab der russische Präsident Gorbatschow zu, dass Einheiten der sowjetischen Geheimpolizei NKWD für das Massaker verantwortlich waren und entschuldigte sich beim polnischen Volk.

Bild: Gedenkfeier in Katyn 2000

Foto: AP

(Texte: Kata Kottra)

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: