Hinrichtung Saddams:Gefasster Gang in den Tod

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Nach der Hinrichtung von Saddam Hussein hat das Staatsfernsehen Al-Irakija Videobilder von der Exekution ausgestrahlt. Viele zweifeln, ob die Hinrichtung den Irak friedlicher machen kann.

Die Videobilder zeigten zwei mit Henkersmützen maskierte Männer, wie sie dem 69- Jährigen ein schwarzes Tuch um den Hals binden und ihn dann mit auf dem Rücken gefesselten Händen in einen Raum zum Galgen führen.

Videoaufnahme der Hinrichtung, die vom Fernsehsender al-Irakija ausgestrahlt wurde. (Foto: Foto: AFP)

Die Scharfrichter, die ihm offensichtlich die Prozedur erläutern, legen ihm dann die Schlinge um den Hals und ziehen sie an.

Danach wurde die Ausstrahlung abgebrochen. Saddam, der in einen schwarzen Mantel gekleidet war und dessen Kopf unverhüllt blieb, wirkte gefasst und nachdenklich. Einige Male schluckte er.

Zuvor hatten bereits mehrere irakische Fernsehsender unter Berufung auf das Außenministerium in Bagdad berichtet, dass der 69-Jährige im Morgengrauen gegen 06.00 Uhr Ortszeit (04.00 MEZ) wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gehängt worden war.

Hinrichtung des Halbbruder verschoben

Entgegen ersten Berichten fand die erwartete Exekution seines Halbbruders und eines Ex-Richters noch nicht statt. US-Präsident George W. Bush bezeichnete die Hinrichtung als Meilenstein auf dem Weg zu einem demokratischen Irak.

Wie der Sicherheitsberater der irakischen Regierung, Muwaffak al- Rubai, dem US-Sender CNN sagte, wurde die Vollstreckung der Todesurteile gegen Saddams Halbbruder Barsan al-Tikriti und den früheren Richter Awad al- Bandar verschoben.

Dieser Samstag solle "allein mit der Hinrichtung Saddams in historischer Erinnerung bleiben". Die Welt rätselt unterdessen, ob der Tod Saddams dem Irak Frieden bringen kann oder womöglich noch mehr Gewalt säht.

Saddam sei mit einem Koran in gefesselten Händen in den Hinrichtungsraum geführt worden, sagte Al-Rubai. Kurz vor seinem Tod sei ihm nochmals das Urteil und dessen Bestätigung durch ein Berufungsgericht verlesen worden.

Keine Reue

Saddam habe wie ein "gebrochener Mann gewirkt", habe aber keine Reue gezeigt, berichtete Al-Rubai. Er habe es abgelehnt, mit verhülltem Kopf zu sterben.

Die Hinrichtung habe internationalem, irakischem und muslimischem Recht entsprochen, sagte Al-Rubai. "Von A bis Z" sei alles gefilmt und auf Fotos festgehalten worden. Bislang sei jedoch noch keine Entscheidung gefallen, ob die Aufnahme der Öffentlichkeit gezeigt werden sollen.

Er widersprach damit Berichten des irakischen Fernsehens, das die Ausstrahlung der Aufnahmen angekündigt hatte.

Die Anwälte Saddams bestätigten die Hinrichtung ihres Mandanten. Wie Anwalt Curtis Doebbler dem US-Sender CNN sagte, wolle die irakische Regierung den Leichnam Saddams nicht der Familie übergeben, sondern in einem anonymen Grab beisetzen.

Tochter fordert Beisetzung im Jemen

Dagegen forderte eine Tochter Saddams die vorübergehende Beisetzung im Jemen. Wenn es die politischen Verhältnisse erlauben, solle ihr Vater dann später im Irak seine letzte Ruhe finden.

Saddam war wenige Stunden vor seinem Tod durch den Strang aus amerikanischem Gewahrsam den irakischen Behörden übergeben worden.

Dies war eine Voraussetzung für die Vollstreckung des Urteils. Anzeichen für eine baldige Hinrichtung war auch die Aufforderung an die Anwälte Saddams gewesen, die persönliche Habe des Todeskandidaten aus dem Gefängnis abzuholen.

Ein US-Bezirksgericht in Washington hatte in der Nacht einen Antrag der Anwälte Saddams abgelehnt, mit dem diese in letzter Minute einen Aufschub der Hinrichtung erreichen wollten.

Anwalt Doebbler sprach in einem Interview des US-Senders CNN von einem "ungewöhnlichen Schritt" des US-Gerichts. Die bevorstehende Hinrichtung Saddams nannte er eine Ungerechtigkeit, an die man noch lange denken werde.

Wenige Stunden nach der Hinrichtung kamen bei einem Autobombenanschlag in der südirakischen Stadt Kufa mindestens 30 Menschen ums Leben.

Der Anschlag sei in der vornehmlich von Schiiten bewohnten Stadt auf einem Marktplatz verübt worden, berichtete der Nachrichtensender Al-Arabija unter Berufung auf Ärzte. Unklar war, ob die Tat im Zusammenhang mit der Hinrichtung von Saddam Hussein stand.

Aus Tikrit, der Heimatstadt des ehemaligen Herrschers, wurden kleine Protestkundgebungen seiner Anhänger gemeldet.

Bush begrüßt Hinrichtung

US-Präsident George W. Bush begrüßte die Hinrichtung des Ex- Machthabers als Meilenstein auf dem Weg zu einem demokratischen Irak, der sich selbst regieren, verteidigen und ein Verbündeter im Kampf gegen den Terrorismus sein könne.

In einer am Freitagabend (Ortszeit) verbreiteten Erklärung des Präsidenten hieß es weiter, Saddam habe ein faires Verfahren erhalten, das er den Opfern seines brutalen Regimes verweigert habe. Nach Jahrzehnten der Unterdrückung könnten die Iraker jetzt in die Zukunft schauen.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bezeichnete die Hinrichtung als einen bedeutsamen Schritt weg von den Menschenrechten. Das Verfahren gegen Saddam habe schwere Mängel aufgewiesen, heißt es in einer Erklärung der Organisation.

"Grausame und inhumane Bestrafung"

Saddam sei zwar für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, aber das könne die Todesstrafe als grausame und inhumane Bestrafung nicht rechtfertigen.

Saddam, sein Halbbruder und der frühere Richter waren am 5. November wegen des Massakers in dem schiitischen Ort Dudschail im Juli 1982 an 148 angeblichen Verschwörern zum Tode durch den Strang verurteilt worden. Ein Berufungsgericht hatte das Urteil am Dienstag bestätigt.

Saddam Hussein herrschte über den Irak als Staats- und Parteichef seit 1979 fast 24 Jahre lang. Im April 2003 war der Diktator von einer von den USA geführten Streitmacht gestürzt worden.

In Erdloch entdeckt

Nach der Einnahme Bagdads versteckte er sich in der Nähe seiner Heimatstadt Tikrit, wo er erst im Dezember 2003 von US-Soldaten in einem Erdloch entdeckt wurde.

Im Oktober 2005 wurde der Prozess gegen den gestürzten Diktator und sieben seiner Gefolgsleute vor dem Sondertribunal in Bagdad eröffnet.

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