Hillary Clinton:"Barack Obama ist mein Kandidat"

Ihre Rede beim Demokraten-Parteitag wurde mit Spannung erwartet: Hillary Clinton erklärt, dass Ex-Rivale "Barack Obama Präsident werden muss" - Ehemann Bill werden die Augen feucht.

Verena Wolff und Oliver Das Gupta

Als erstes kommt der Mann ins Bild, den sie beim Fernsehen "President" nennen. Bill Clinton erscheint irgendwo auf den Rängen des demokratischen Wahlkonvents und tut, was er am Besten kann: Händeschütteln, Umarmen, Menschenfischen. Wenige Minuten später stehen ihm die Tränen in den Augen.

Hillary Clinton Denver AFP

Hillary Clinton rief ihre Parteifreunde in Denver zur Einigkeit auf.

(Foto: Foto: AFP)

Tochter Chelsea war auf die Bühne getreten. Im dunklen Kostum kündigt sie nun die nächste Rednerin an: "Meine Heldin und Mutter: Senatorin Hillary Rodham Clinton".

Mit großer Spannung hatten die US-Demokraten auf diesen Auftritt am zweiten Abend des Parteitages gewartet. So hart, wie der Vorwahlkampf zwischen der früheren First Lady und heutigen Senatorin auf der einen Seite und dem jungen Senator aus Illinois auf der anderen zwischenzeitlich tobte, so sehr sehnt sich vor allem Barack Obamas Lager nach der großen, einenden Geste der Unterlegenen.

Und Hillary Clinton enttäuscht nicht mit ihrem Auftritt. Nach minutenlangem Applaus, nach inniger Umarmung mit ihrer Tochter legt sie los: Sie sei stolz - stolze Mutter, Demokratin, Senatorin, Amerikanerin und eine stolze Unterstützerin von Barack Obama. Damit hatte sie die Marschrichtung ihrer Rede vorgegeben: Kräfte bündeln, Obama ins Weiße Haus bringen.

Verweis auf Obamas Schlagwort "Change"

Gleich zu Beginn stellt sie klar: "Barack Obama ist mein Kandidat und er muss unser Präsident werden". Die Demokraten seien ein Team: "Niemand kann sich erlauben, auf den Rängen zu sitzen". Dieser Kampf um das Präsidentenamt sei ein Kampf, den sie alle zusammen gewinnen müssten.

Es sei an der Zeit, dass wieder jemand im Oval Office sitze, der sich um die Menschen kümmere - und vor allem um die amerikanische Mittelklasse. Oft gebraucht die Senatorin im orangefarbenen Hosenanzug Obamas Lieblingswort: "Change". Der Wechsel müsse an der Basis beginnen - das habe schon ihr Mann in seiner achtjährigen Amtszeit bewiesen. Das Fernsehen zeigt wieder Bill Clinton auf dem Rang, abermals werden die Augen feucht.

Dann wendet sich Hillary einem Thema zu, mit dem ihr Mann 1992 gegen den damaligen amtierenden Präsidenten George Bush senior entscheidend punkten konnte: der Wirtschaft. "It's the economy, stupid", lautete damals die Losung der erfolgreichen Clinton-Kampagne, als der erste Krieg gegen den Irak kurz zuvor beendet worden war und sich die Staatsschulden aus der Reagan-Ära türmten.

McCain sei ein lieber Freund, aber...

16 Jahre später frisst der neuerliche Waffengang im Zweistromland unzählige Milliarden, das Haushaltsdefizit ist enorm. Hillary Clinton schlägt an diesem Abend in Denver folgerichtig in dieselbe Kerbe wie damals Ehemann Bill: Amerika habe sich immer auf die Stärke seines Mittelstandes verlassen könenn. Und der droht zu schwinden.

Von der Basis nach oben müsse sich die Mittelklasse wieder entwickeln - und nicht von den wenigen Reichen nach unten. Es brauche eine starke Basis, um ein Wirtschaftswachstum zu erreichen. Das allerdings sei eine Spezialität der Demokraten - die Republikaner und ihr Weltbild sähen das anders.

Zwar sei Arizonas Senator McCain ihr ein lieber Freund. Dennoch: "Wir brauchen mit McCain nicht vier Jahre mehr von dem, was wir die letzten acht Jahre hatten."

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Hillary Clinton über Michelle Obama sagte - und wie prominente Parteifreunde über John McCain herzogen.

"Barack Obama ist mein Kandidat"

Sehr viel mehr Angriff auf den designierten Präsidentschaftskandidaten der Republikaner kommt von Clinton nicht - das haben bereits ihre Vorredner besorgt. Robert Casey junior zum Beispiel, ein Katholik und Abtreibungsgegner, der Pennsylvania im Senat vertritt. Er geißelt die "verfehlte Bush/McCain-Politik". Den Senatoren-Kollegen McCain als eigentlichen Gegner der Bush-Administration zu akzeptieren, wiegelt Casey ab: "Er ist kein Außenseiter, er ist ein Handlanger."

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Hat gut lachen: Barack Obama verfolgt Hillary Clintons Rede im Fernsehen, in der sie ihm volle Unterstützung zusichert.

(Foto: Foto: AP)

Mark Warner, Ex-Gouverneur von Virginia, wettert gegen Bushs Politik in Sachen Wirtschaft, Gesundheit und Bildung - und behauptet: "John McCain will mehr davon". Und Brian Schweitzer, Gouverneur von Montana, schimpft in seiner launigen Rede, McCain habe "25 mal gegen erneuerbare Energien" gestimmt.

Von den Sitzen gerissen

Hillary Clinton hingegen poltert wenig. Stattdessen lächelt sie immer wieder in die Runde und verlegt sich darauf, die Fähigkeiten Obamas und "ihrer" Demokraten zu betonen. Stark nach innen und nach außen werde das Team Obama/Biden sein. Für eine grüne Energiepolitik wollten sie sich einsetzen, ein Gesundheitssystem einrichten, das sich alle Amerikaner leisten können und die Rechte der Minderheiten stärken. Am wichtigsten sei, "dass alle für ihre Familien sorgen können".

Mit dem Senator aus Delaware habe Obama einen erfahrenen Politiker an seiner Seite - einen strategischen Führer, einen pragmatischen, starken und weisen Mann. Und jemanden, der erfahren ist in der Außenpolitik. Denn auch das sieht Hillary Clinton als eine der demokratischen Baustellen: "Wir müssen unser Ansehen in der Welt wieder erlangen."

Zudem brauche das Weiße Haus wieder Leitfiguren, um das Land nach vorn zu bringen. Es werde nicht einfach - das betont die frühere First Lady sehr deutlich. "Aber das ist der Fortschritt nie." Und noch etwas: "Wir sind Amerikaner - und wir sind nicht gut im Aufgeben."

Solche Sätze reißen die Delegierten von den Sitzen - auch Michelle Obama, für die Clinton auch noch ein paar warme Worte findet: Sie werde eine tolle First Lady sein. Michelle Obama lächelt. Und sie jubelt - so wie alle anderen in der Halle.

Nach knapp 20 Minuten ist Clintons Rede vorbei. Hillary Clinton ruft den Parteifreunden am Ende zu, ihrem Beispiel zu folgen: "Let's elect Barack Obama!" - "Lasst uns Barack Obama wählen!"

Tosender Beifall, stehende Ovationen. Die Kameras zeigen Ex-Präsident Jimmy Carter. Und sie schwenken einmal mehr auf Michelle Obama. Die, so scheint es, hat Frieden geschlossen mit Hillarys früherer Abteilung Attacke: mit Bill Clinton. Dem hatte sie noch vor ein paar Monaten "die Augen auskratzen" wollen.

In Denver hat man die beiden vorsorglich in getrennten Sitzreihen platziert. Vielleicht ist das künftig nicht mehr nötig. Nach Hillary Clintons Rede jubeln beide. Mit glasigen Augen.

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