Proteste in Syrien:Schüsse auf Demonstranten

Zehntausende Menschen blockierten das Stadtzentrum - die Regierung antwortete mit Gewalt: Sicherheitskräfte haben in der syrischen Stadt Homs auf friedliche Demonstranten geschossen. Ein Augenzeuge spricht von einem "Massaker".

Syrien kommt nicht zur Ruhe. Sicherheitskräfte haben am frühen Dienstagmorgen in der westsyrischen Stadt Homs das Feuer auf regimefeindliche Demonstranten eröffnet. Dem arabischen Nachrichtensender al-Dschasira zufolge hat es Verletzte gegeben. Die Sicherheitskräfte hätten auch Tränengas eingesetzt, hieß es.

Mourners attend the funerals of protesters killed in earlier clashes in the Syrian city of Homs

Tausende Syrer versammelten sich in Homs, um die Opfer der Gewalt vom Sonntag zu Grabe zu tragen. Danach besetzten sie den zentralen Platz der Stadt.

(Foto: REUTERS)

Die Online-Ausgabe der New York Times zitierte einen Augenzeugenbericht, wonach Schüsse zu hören gewesen seien. Aus den Moscheen sei um Hilfe gerufen worden. "Wir fürchten, dass viele auf dem Platz getötet werden, dass es ein Massaker ist."

Nach einem Trauermarsch für getötete Regierungsgegner hatten am Montagabend Tausende Demonstranten den zentralen Platz in der drittgrößten syrischen Stadt besetzt. Sie erklärten, den Platz erst nach dem Rücktritt von Präsident Baschar al-Assad wieder räumen zu wollen.

Laut Augenzeugenberichten wollten die Aktivisten Zelte auf dem Platz aufschlagen. Anwohner hätten Wasser und Lebensmittel gespendet. Die Demonstranten sollen gerufen haben: "Das Volk will das Regime stürzen." Nachdem sich die Menschenmenge versammelt hatte, seien Sicherheitskräfte in der Nähe des Platzes in Stellung gegangen. Auch drei Wasserwerfer seien vorgefahren. Da Syrien ausländische Journalisten des Landes verwiesen hat, konnten die Berichte nicht überprüft werden.

Zuvor hatten fast 10.000 Trauernde Särge durch die Straßen von Homs getragen. Sie trugen sechs Menschen zu Grabe, die am Sonntag bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften getötet worden waren.

Insgesamt sollen nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten zwölf Menschen ums Leben gekommen sein. Acht Menschen seien am Sonntagabend bei zwei Schießereien in Homs und einem nahegelegenen Dorf getötet worden, sagte der Leiter der syrischen Nationalen Organisation für Menschenrechte, Ammar Kurabi. Vier Demonstranten seien bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften in den nordwestlichen Städten Latakia und Idlib ums Leben gekommen.

Die Washington Post berichtet unterdessen, dass die USA seit Jahren heimlich die Opposition in Syrien finanziert habe. Seit 2006 habe das US-Außenministerium auf versteckten Kanälen knapp sechs Millionen Dollar (gut 4,1 Millionen Euro) an die Gegner Assads transferiert, schreibt die Zeitung unter Berufung auf Diplomatendepeschen.

Unklar ist, ob weiterhin Mittel fließen. Das Geld sei auch an die Betreiber des regierungskritischen TV-Senders Barada TV gegangen, der sein Programm von London aus in Syrien verbreitet. Der Kanal nahm seinen Betrieb im April 2009 auf und weitete seine Operation seit Beginn der Massenproteste gegen Assad nochmals aus.

Außenministerium räumt Unterstützung Oppositioneller ein

Die Finanzierung der Oppositionsgruppen habe unter dem damaligen Präsidenten George W. Bush begonnen, nachdem er die diplomatischen Beziehungen der USA zu Syrien 2005 eingefroren hatte. Sie sei unter Präsident Barack Obama fortgesetzt worden, obwohl sich seine Regierung um eine Erholung der Beziehungen zu Assad bemüht.

Seit Januar haben die USA wieder einen Botschafter in Damaskus. Nach Ausbruch der Protestwelle in dem Land hatte Obama die Gewalt gegen Demonstranten in Syrien scharf verurteilt und Assad aufgerufen, die Repression seines Volkes zu beenden.

Die von Wikileaks offengelegte Depesche kam aus der US-Botschaft in Damaskus. Darin äußerten sich Diplomaten besorgt darüber, dass der syrische Geheimdienst Fragen zur Unterstützung der US-Regierung für die syrische Opposition stellen könnte. Ein Top-Diplomat wird mit den Worten zitiert, er sei besorgt, dass syrische Behörden "unzweifelhaft jegliche US-Unterstützung für illegale politische Gruppen als gleichbedeutend mit der Unterstützung eines Regimewechsel" ansehen würden.

Das amerikanische Außenministerium räumte mittlerweile ein, die Regierung unterstütze unabhängige Gruppen, wolle allerdings nicht das Assad-Regime schwächen. Es gebe US-Hilfe für verschiedene Organisationen, die Freiheit und Demokratie in Syrien forderten, sagte ein Außenamtssprecher. Er fügte aber hinzu: "Wir arbeiten nicht daran, die Regierung zu unterminieren."

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