Hetze und Falschnachrichten:Facebook soll gründlicher löschen

Justizminister Maas droht dem Netzwerk mit rechtlichen Konsequenzen, falls es strafbare Inhalte nicht selbst entfernt. Der SPD-Politiker reagiert damit auch auf einen Report des SZ-Magazins.

Von Robert Roßmann, Berlin

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat auf einen Bericht des SZ-Magazins über die ungenügende Löschpraxis bei Facebook reagiert und dem Konzern mit rechtlichen Konsequenzen gedroht. Maas sagte, er erwarte, dass sich die Löschpraxis deutlich verbessere, der Maßstab dafür müsse das deutsche Recht sein.

"Wenn Einträge gegen unser Strafrecht verstoßen, muss das nicht nur von der Justiz konsequent verfolgt werden - Beleidigungen, Volksverhetzungen oder Verleumdungen haben bei Facebook nichts zu suchen", sagte Maas der Süddeutschen Zeitung. Das Justizministerium habe deshalb "eindeutige Anforderungen an Facebook formuliert". Sein Ressort werte "die Praxis des Löschens von strafbaren Inhalten in einem externen Monitoring noch bis Anfang kommenden Jahres aus". Wenn dann noch immer zu wenige strafbare Inhalte gelöscht werden würden, müsse das Justizministerium "dringend rechtliche Konsequenzen ziehen".

Maas wies darauf hin, das sein Ministerium bereits "sehr konkret" prüfe, soziale Netzwerke für nicht gelöschte strafbare Inhalte haftbar zu machen. "Natürlich müssen wir am Ende auch über Bußgelder nachdenken, wenn andere Maßnahmen nicht greifen", sagte der Minister. Das wäre "ein starker Anreiz zum raschen Handeln".

Maas forderte von Facebook auch "dringend mehr Transparenz". Sein Ministerium könne sich "vorstellen, soziale Netzwerke zu verpflichten, in überschaubaren Zeitabständen öffentlich zu berichten, wie viele Beschwerden zu strafbaren Einträgen es gegeben hat und wie sie damit umgegangen sind". Dann würde "für alle sichtbar, wie viele Meldungen und wie viele Löschungen es gibt - auch das würde den Druck auf Facebook, Twitter und Co. deutlich erhöhen".

Bundesjustizminister Maas trifft Facebook-Delegation

Sein Ministerium prüfe "sehr konkret", soziale Netzwerke wie Facebook für nicht gelöschte strafbare Inhalte haftbar zu machen, sagte Justizminister Heiko Maas.

(Foto: Soeren Stache/dpa)

Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte, es sei erfreulich, dass nun auch aus der SPD seine Initiative unterstützt werde, "soziale Plattformen wie Facebook zur konsequenteren Löschung von Hassbotschaften und Falschnachrichten zu veranlassen". Die Plattformen müssten endlich "zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung gezwungen werden". Kauder kündigte an, die große Koalition werde "gleich zu Beginn des kommenden Jahres" handeln. Er wolle vorschreiben, dass die Netzwerke innerhalb von 24 Stunden über die Beschwerden von Nutzern entscheiden müssen, die sich durch Beiträge in ihren Persönlichkeitsrechten betroffen fühlen.

Reportern des SZ-Magazins war es gelungen, einen genauen Einblick in die Löscharbeit von Facebook zu erhalten. Die Journalisten konnten mit vielen derzeitigen und ehemaligen Mitarbeitern des Berliner Löschteams sprechen. Seit vergangenem Herbst beschäftigt die Bertelsmann-Tochter Arvato in Berlin im Auftrag von Facebook Hunderte Mitarbeiter damit, als anstößig gemeldete Inhalte zu löschen. Einige Mitarbeiter erheben schwere Vorwürfe gegen ihren Arbeitgeber. Sie berichten von untragbaren Arbeitsbedingungen und schlechter Bezahlung. Ihnen blieben oft nur wenige Sekunden für die Entscheidung, ob ein Text, Bild oder Video gegen die Regeln von Facebook verstoße.

Einige Mitarbeiter zeigen Merkmale einer posttraumatischen Belastungsstörung, die sie auf das Sichten schockierender Fotos und Videos von Folterungen, Enthauptungen oder Kindesmissbrauch zurückführen.

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