Ausschreitungen in Chemnitz:Giffey schlägt Gesetz zur Förderung der Demokratie vor

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Bundesfamilienministerin Franziska Giffey vor dem Rathaus in Chemnitz. (Foto: dpa)
  • Bundesfamilienministerin Giffey zeigt sich nach ihrem Besuch in Sachsen tief beunruhigt: Die Menschen vor Ort fühlten sich nicht wahrgenommen und es werde nicht über Politik gesprochen.
  • Die SPD-Politikerin kritisiert die CDU-Landesregierung: "Die Mittel für die Jugendarbeit wurden in Sachsen jahrelang gekürzt, die Folgen davon sehen wir jetzt."
  • Giffey regt ein Gesetz zur Förderung der Demokratie an, das den Staat bei der demokratischen Bildung junger Menschen in die Pflicht nimmt.

Nach den rechten Ausschreitungen in Chemnitz schlägt Bundesfamilienministerin Franziska Giffey ein neues Gesetz vor. "Aus meiner Sicht brauchen wir ein Gesetz zur Förderung der Demokratie in Deutschland", sagte Giffey der Zeitung Die Welt.

Dieses müsse "unmissverständlich klar" machen, dass es "auch die Aufgabe des Staates" sei, "die demokratische Bildung junger Menschen auf allen Ebenen zu organisieren", so die SPD-Politikerin.

Giffey zeigte sich nach ihrem Besuch in Chemnitz beunruhigt von Berichten über die fortschreitende Entpolitisierung der Gesellschaft. "In vielen Schulen und Vereinen wird überhaupt nicht mehr über Politik gesprochen", sagte die Ministerin. "Die Mittel für die Jugendarbeit wurden in Sachsen jahrelang gekürzt, die Folgen davon sehen wir jetzt."

Giffey ist als einzige Bundesministerin nach Chemnitz gereist

Sie habe aus Gesprächen mit den Menschen vor Ort das tief empfundene Gefühl herausgehört, man sei nicht ebenbürtig, nicht gleich viel wert, man werde nicht wahrgenommen, "die da oben" hätten keine Ahnung von den Verhältnissen vor Ort. "Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir Räume eröffnen, in denen hochkochende Emotionen und Bedenken diskutiert werden können", sagte Giffey.

Dass in den vergangenen Jahren mehr Flüchtlinge ins Land gekommen seien, habe "Verlustängste" ausgelöst. "Darüber muss man reden dürfen, ohne in die rechte Ecke gestellt zu werden." Selbstverständlich müsse klar sein, dass es keine Angst im öffentlichen Raum geben dürfe - "weder für die, die schon immer hier leben, noch für die, die neu gekommen sind".

In Folge einer tödlichen Messerstecherei war es in Chemnitz zu mehrtägigen Ausschreitungen gekommen, bei denen ausländisch aussehende Menschen bedroht und der verbotene Hitler-Gruß gezeigt wurden. Giffey ist das bislang einzige Mitglied der Bundesregierung, das seitdem nach Chemnitz gereist ist. Sie hat an die übrigen Minister appelliert, ebenfalls dorthin zu fahren.

Bundeskanzlerin Angela Merkel plant nun ebenfalls einen Besuch in der sächsischen Stadt. Sie habe eine entsprechende Einladung der Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig angenommen, bestätigte ein Sprecher. Ein konkreter Termin sei aber noch nicht festgelegt.

© SZ.de/dpa/afp/jsa/ankl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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