Bundesinnenministerin:Faeser will SPD-Spitzenkandidatin für Hessen-Wahl werden

Bundesinnenministerin: Nancy Faeser bei einer Pressekonferenz im Hessischen Landtag.

Nancy Faeser bei einer Pressekonferenz im Hessischen Landtag.

(Foto: Frank Rumpenhorst/Picture alliance/dpa)

Die SPD-Landesvorsitzende will das Bundesinnenministerium bis zum Wahltermin im Oktober weiterführen - und womöglich auch noch danach. Denn Oppositionsführerin sei sie schon gewesen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser will wie erwartet bei der hessischen Landtagswahl in diesem Jahr als SPD-Spitzenkandidatin antreten. Allerdings beabsichtigt sie, wie von der Süddeutschen Zeitung bereits am Montag berichtet, nur als Ministerpräsidentin nach Wiesbaden wechseln. "Oppositionsführerin war ich schon. Wenn die Wählerinnen und Wähler sich anders entscheiden, werde ich weiterhin als Bundesinnenministerin meiner Verantwortung gerecht werden", sagte sie dem Spiegel.

Faeser, die sich im Laufe ihrer Karriere als Innenpolitikexpertin einen Namen gemacht hat, ging 1996 in der Kommunal- und Landespolitik und saß 18 Jahre im Landtag, von 2019 an auch als SPD-Fraktionsvorsitzende, bevor sie Ende 2021 Bundesinnenministerin wurde. Aus der CDU gibt es bereits Forderungen, dass die Bundesinnenministerin wegen ihrer Ambitionen in Hessen umgehend ihren Posten aufgeben müsse, weil Amt und Spitzenkandidatur nicht vereinbar seien. Doch nun zeichnet sich ab, dass Faeser, die auch hessische SPD-Chefin ist, zumindest bis zur Wahl am 8. Oktober Bundesinnenministerin bleiben wird - und möglicherweise eben auch danach.

Parallelen zum Fall Norbert Röttgen (CDU) weist die 52-Jährige zurück. Der CDU-Politiker war 2012 Bundesumweltminister und kandidierte als Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen. Im Landtagswahlkampf ließ er im Vagen, ob er bei einer Niederlage Oppositionsführer in Düsseldorf werden wollte oder nicht. Röttgen verlor die Wahl - und auch seinen Ministerposten in Berlin. Die damalige Kanzlerin Angela Merkel entließ ihn. Faeser sagt dazu: "Ich habe mehr als mein halbes Leben lang Kommunal- und Landespolitik in Hessen gemacht. Herr Röttgen ging den umgekehrten Weg aus dem Bund ins Land. Ich habe eine geeinte Partei in Hessen, die hatte Herr Röttgen in Nordrhein-Westfalen nicht".

Der hessische CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Meister kritisiert die sich abzeichnende Doppelrolle von Faeser. "Dieser Spagat würde persönliche und parteiliche Interessen über das Wohl des Landes stellen", sagte Meister zu Reuters. "Entweder Nancy Faeser bleibt also Innenministerin, oder sie tritt in Hessen an - dann aber bitte ohne Rückfahrschein", forderte CDU-Generalsekretär Mario Czaja in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Kritik kommt auch aus der FDP: "Dass sie gleichzeitig in Hessen Wahlkampf macht und das Innenministerium führt, ohne dass das Amt in Berlin leidet, ist jedoch nur schwer vorstellbar", betonte der hessische FDP-Spitzenkandidat Stefan Naas im Gespräch mit Reuters. Gerade die Bundesinnenministerin habe eine Vielzahl von Herausforderungen zu bewältigen, von extremistischen Bedrohungen von rechts und links bis zur Aufnahme von Geflüchteten.

Die SPD zeigt auf einen früheren CDU-Kandidaten

Die Sozialdemokraten verweisen angesichts der Kritik auf den früheren Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU), der 1995 ebenfalls als Spitzenkandidat bei einer Landtagswahl in Hessen angetreten war - und auch im Amt blieb, nachdem er keine Regierung in Wiesbaden bilden konnte. Und Kanzler Olaf Scholz hat derzeit wohl ohnehin keine Ambitionen, das Kabinett nach dem Abgang der früheren Verteidigungsministerin Christine Lambrecht schon wieder umzubilden. Vielmehr könne Faeser doch von der Doppelrolle im Wahlkampf gegen den hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein profitieren und sei wahrnehmbar, so die Überlegung in der SPD.

Unbestritten ist aber, dass die SPD-Politikerin als Innenministerin einen vollen Terminkalender hat: Innerhalb der Koalition steht das große Thema Einwanderung auf ihrer Agenda ganz oben. Die Ampel will hier neue Wege gehen und vor allem die Einwanderung von Fachkräften steuern. Zudem steht Faeser als Verhandlungsführerin des Bundes im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes wohl ein ereignisreicher Frühling bevor. Die nächste Verhandlungsrunde steht am 22. und 23. Februar an.

Sollte Faeser nach der Wahl wirklich die Chance haben, Ministerpräsidentin zu werden, wird sie nach Wiesbaden wechseln. Nach der bisher letzten Umfrage lag die in der schwarz-grünen Koalition führende CDU allerdings mit 27 Prozent vor SPD und Grünen mit je 22 Prozent. Angesichts der weitgehend geräuschlos arbeitenden CDU-Grünen-Regierung in Hessen ist fraglich, ob die SPD wirklich führende Kraft in Hessen werden kann.

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