Hessen:Mädchen bei Überfall von Neonazis schwer verletzt

Bei einer Attacke mutmaßlicher Rechtsextremisten auf ein Sommercamp der Linkspartei in Nordhessen ist ein 13-jähriges Mädchen lebensgefährlich verletzt worden. Ein 19-Jähriger sitzt in Untersuchungshaft.

Bei einem Überfall mutmaßlicher Neonazis auf ein linkes Jugendcamp am Sonntagmorgen in Hessen ist ein 13 Jahre altes Mädchen schwer verletzt worden.

Ihr 23-jähriger Bruder erlitt leichte Verletzungen, wie die Polizei am Montag in Homberg mitteilte. Die Polizei ermittelte noch am Sonntag mehrere Verdächtige, die sie zur rechten Szene rechnet. Gegen einen 19 Jahre alten Rechtsextremisten wurde Haftbefehl wegen versuchten Totschlags erlassen, wie Oberstaatsanwalt Hans-Manfred Jung am Montag in Kassel mitteilte. Die hessische Linke äußerte sich erschüttert über den Angriff.

Nach den Ermittlungen der Polizei drang der Täter am Sonntagfrüh in das Zelt der beiden Jugendlichen ein, die an einem Sommercamp der Jugendorganisation der Linkspartei am Neuenhainer See teilnahmen. Mit einem Klappspaten und Bierflaschen soll der Mann auf seine Opfer eingeschlagen haben. Anschließend flüchtete er im Auto seiner Begleiter. Diese hatten in der Zwischenzeit auf dem Parkplatz des Neuenhainer Sees an drei Fahrzeugen die Heckscheiben eingeschlagen und ein großes Transparent abgerissen, das am Zaun um das Camp angebracht war. Das Transparent wurde später in der Wohnung eines der Verdächtigen gefunden.

Von den Rechten provoziert

Die 13-Jährige erlitt Verletzungen am Kopf, wurde erst in ein örtliches Krankenhaus gebracht und später in die Uni-Klinik nach Marburg verlegt. Sie befinde sich nicht mehr in Lebensgefahr, sagte Jung. Der Polizei zufolge hätten die Verletzungen unbehandelt lebensgefährlich sein können. Der 23-Jährige wurde vor Ort ambulant behandelt.

Von insgesamt sieben nach dem Überfall überprüften Personen wurden sechs wieder auf freien Fuß gesetzt. Den Ermittlungen zufolge hatten Mitglieder des Sommercamps der Jugendorganisation der Linken am Samstag in Schwalmstadt-Treysa gegen rechte Gewalt demonstriert. Dabei sollen Rechte provoziert haben, unter ihnen der 19-Jährige, wie Jung weiter mitteilte. Die Polizei nahm die Personalien der Störer auf. Am nächsten Morgen wurde dann das Camp angegriffen.

Zeugen beschrieben die Angreifer als schwarz gekleidet und vermummt. Die Staatsanwaltschaft Kassel erklärte, drei der Verdächtigen seien bereits vor der Tat bei einer Demonstration der Jugendgruppe "solid" in Schwalmstadt-Treysa aufgefallen. Der brutale Angriff auf wehrlos schlafende Jugendliche zeige "die skrupellose Brutalität, mit der Neonazis Andersdenkende verfolgen", erklärte der Sprecher der Linkspartei.

Gemeinsam gegen Extremismus vorgehen

Die hessische Linke sprach am Montag von "vermummten Neonazis". Pressesprecher Achim Kessler äußerte sich "zutiefst erschüttert über diesen brutalen Angriff" und wies Ministerpräsident Roland Koch (CDU) eine "indirekte Mitverantwortung" zu. Der CDU-Politiker habe die Linke "mit demagogischen Argumenten aus dem Arsenal des Kalten Krieges" angegriffen, um sich am rechten Rand der Gesellschaft zu profilieren.

Die CDU-Fraktion im hessischen Landtag entgegnete, Versuche der Linkspartei, den Angriff auf die Jugendlichen "durch Attacken gegen den Ministerpräsidenten für platte und parteipolitische Zwecke zu instrumentalisieren", seien unwürdig und verwerflich. Es müsse das Anliegen aller demokratischen Parteien sein, gegen Extremismus gemeinsam vorzugehen.

Der Sprecher des hessischen Innenministeriums, Thorsten Neels, kritisierte den Landesverband der Linken für seine Informationspolitik. Man sei äußerst "äußerst irritiert" darüber, dass der Verband bereits vor der Staatsanwaltschaft über den Fall berichtet habe. Damit habe die Linke Informationen verbreitet, die das Ministerium nicht öffentlich an die Obleute der Landtagsfraktionen im Innenausschuss gegeben habe.

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