Hessen:Koch setzt auf Neuwahlen

Nach dem Wiesbadener SPD-Debakel rechnet Ministerpräsident Roland Koch mit Neuwahlen in Hessen und verspricht für diesen Fall einen "heftigen politischen Wettkampf".

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sieht sein Bundesland auf dem Weg zu einer vorgezogenen Wahl. Er spreche "in diesen Stunden und Tagen" mit den anderen Parteien über einen Ausweg aus der jetzigen Lage, sagte Koch am Mittwoch vor einer Kabinettssitzung in Wiesbaden. Eine Entscheidung müsse vor der Landtagssitzung am 18. November fallen.

Koch; dpa

Läutet Roland Koch bereits den Wahlkampf ein? Das hessische Kabinett kam zur ersten Sitzung nach Ypsilantis Niederlage zusammen.

(Foto: Foto: dpa)

In der Sitzung wolle das Kabinett Beschlüsse fassen, die mit Rücksicht auf einen möglichen Regierungswechsel vertagt worden seien, sagte Koch. Die Regierung werde auch in einem anlaufenden Wahlkampf weiterarbeiten. "Parallel wird es dazu einen heftigen politischen Wettkampf geben."

In einem Interview mit der Welt hatte Koch zuvor die SPD-Abgeordneten verteidigt, die die SPD-Landeschefin Andrea Ypsilanti nicht zur Ministerpräsidentin wählen wollten. "Der späte Zeitpunkt spricht überhaupt nicht gegen die Kollegen", sagte Koch: "Es ist nicht unehrenhaft, lange mit sich gerungen zu haben." Die Bedenken unter den SPD-Abgeordneten im Landtag seien "mit den Händen zu greifen" gewesen. "Es ist bemerkenswert, wie sich die SPD-Fraktionsführung gegen die Stimmungslage vieler ihrer eigenen Leute abgeschottet hat oder sie gar nicht mehr wahrgenommen hat."

SPD ringt um Lösungen

Der Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD, Ernst-Dieter Rossmann, sprach sich unterdessen gegen einen Parteiausschluss der vier Abweichler aus. Seine Partei solle "bei der Parteizugehörigkeit ein breites Spektrum und eine große Toleranz pflegen", sagte Rossmann der Frankfurter Rundschau. Doch sollten die Parlamentarier ihr Mandat zurückgeben. Nach Einschätzung des Verfassungsrechtlers Hans Herbert von Arnim ist ein Parteiausschluss rechtlich auch nicht möglich, wie er der Neuen Presse sagte.

Auch der Bremer Regierungschef Jens Böhrnsen warnte seine hessischen Parteikollegen, sich mit öffentlichen Debatten um einen Parteiausschluss der Abweichler weiter zu schwächen. "Die SPD in Hessen muss jetzt schnell wieder Tritt fassen, denn ihre Inhalte sind nach wie vor richtig. Fruchtlose öffentliche Debatten um Parteiausschlüsse helfen dabei aber sicher nicht", sagte der SPD-Politiker der Neuen Osnabrücker Zeitung. Das Verhalten der Abgeordneten sei aber "unanständig und inakzeptabel" gewesen.

Am Dienstagabend hatte der stellvertretende hessische SPD-Vorsitzende Jürgen Walter seinen Rücktritt erklärt. Die Abgeordnete Carmen Everts, eine weitere Abweichlerin, legte ihre Parteiämter im Unterbezirk Groß-Gerau nieder.

Die SPD-Landeschefs von Thüringen und dem Saarland, die 2009 vor Landtagswahlen stehen, sehen nach dem Debakel in Hessen keinen Grund, eine rot-rote Koalition auszuschließen. "Unsere Voraussetzung ist, dass die SPD den Ministerpräsidenten stellt", bekräftigte der Thüringer Christoph Matschie. Der Saarländer Heiko Maas sagte: "Wer bereit ist, zu unseren inhaltlichen Bedingungen ein faires, modernes Saarland zu schaffen, und zu vertrauensvoller Zusammenarbeit bereit ist, ist nach der Wahl auch ein potenzieller Gesprächspartner."

Im Bund haben sich die Voraussetzungen für eine rot-grüne Koalition nach Einschätzung der Grünen-Fraktionchefin im Bundestag, Renate Künast, durch das Scheitern des Tolerierungsmodells in Hessen verschlechtert. Der Berliner Zeitung sagte sie: "Die Bedingungen für Rot-Grün sind nicht einfacher geworden." Dennoch werde diese Konstellation weiter das Ziel der Grünen bleiben.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: