Hessen:Genug gescheitert

Nach der dritten bitteren Wahlniederlage zieht sich SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel zurück. Einen neuen Job hat er bereits.

Von Susanne Höll, Wiesbaden

Thorsten Schäfer-Gümbel

Thorsten Schäfer-Gümbel, 49, gab am Dienstagnachmittag den Rückzug von seinen Ämtern bekannt. Am Morgen noch twitterte er: "Die Sonne scheint, das wird ein guter Tag!"

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Thorsten Schäfer-Gümbel wirkt bewegt an diesem Dienstag. Kein Wunder, für ihn wird alsbald ein ebenso wichtiges wie wechselhaftes Kapitel seines beruflichen Lebens zu Ende gehen. "Alles hat seine Zeit", sagt der hessische SPD-Vorsitzende. Seine Botschaft fünf Monate nach der schmerzhaften Niederlage der hessischen Sozialdemokraten bei der Landtagswahl lautet: Nach drei misslungenen Versuchen, Ministerpräsident zu werden, zieht er sich im Herbst aus der Politik zurück und wird Arbeitsdirektor bei der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), mithin Vorgesetzter von rund 20 000 Menschen.

Für ihn, so sagt der in den vergangenen zehn Jahren eher glücklose 49-Jährige schließe sich ein Kreis. Zum Beginn seines Studiums der Agrarwissenschaften wollte er Entwicklungshelfer werden. Am 1. Oktober wird er nun deren Personalchef. Ende September gibt er sein Amt als Fraktionschef auf und legt sein Mandat nieder. Für den Landesvorsitz kandidiert er nicht mehr, auch nicht für den Posten des Vizes der Bundes-SPD.

Der gebürtige Bayer, der als Kind nach Hessen kam und in Gießen aufwuchs, macht keinen Hehl daraus, dass ihn die Niederlagen der SPD unter seiner Führung bedrückt haben. Er wurde 2009 Chef, als Nachfolger von Andrea Ypsilanti, die mit ihren Plänen für eine rot-rot-grüne Landeskoalition die Partei ins Chaos gestürzt hatte. Schäfer-Gümbel gelang es, die Hessen-SPD wieder zu stabilisieren. Ein großer politischer Erfolg blieb ihm aber verwehrt. Bei der jüngsten Wahl Ende Oktober 2018 hatten sich die Sozialdemokraten gute Chancen ausgerechnet, mussten jedoch mit 19,8 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis der Nachkriegszeit einstecken. Die Verantwortung dafür gaben Schäfer-Gümbel und die Partei hauptsächlich dem damals schlechten Erscheinungsbild der Bundes-SPD und der großen Koalition. Nun sagt Schäfer-Gümbel, er habe sich schon vor Jahresfrist für einen Rückzug entschieden, für den Fall, dass er nicht Regierungschef werden sollte. Öffentlich hatte er seine Zukunftspläne jedoch verschwiegen und bislang nur eine Entscheidung bis zum Herbst angekündigt. Dass er ein viertes Mal als Spitzenkandidat antreten würde, galt als unwahrscheinlich.

Die aussichtsreichste Nachfolgerin für beide Ämter ist Landesgeneralsekretärin Nancy Faeser. Sie wollte sich zunächst nicht zu ihren Ambitionen äußern. Die Juristin galt zwischenzeitlich auch als eine Kandidatin für die Nachfolge von Bundesjustizministerin Katarina Barley, ist nach Angaben aus Parteikreisen aber inzwischen aus dem Rennen. Der aus Nordhessen stammende Bundestagsabgeordnete Timon Gremmels brachte unlängst öffentlich den Staatsminister im Auswärtigen Amt und früheren hessischen Landesgeneralsekretär Michael Roth als Bewerber für das Amt des Parteivorsitzenden ins Gespräch.

Schäfer-Gümbel äußert sich bei seinem Auftritt nicht zu den Personalspekulationen. Dass er den Landespartei- und Fraktionsvorsitz gern in einer Hand sähe, sagt er aber schon. Und auf eine Feststellung legt er ganz besonderen Wert. Es gehe hier um einen Abschied von Ämtern, nicht von der Politik und schon gar nicht von der deutschen Sozialdemokratie. "Ich werde mich weiter leidenschaftlich für die SPD engagieren", beschließt er seine Erklärung.

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