NRW-Innenminister als BuchautorReuls Reality Check

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Will Dinge verbessern und den Menschen sagen: „Wir tun was“ – Herbert Reul (CDU), Innenminister in Nordrhein-Westfalen.
Will Dinge verbessern und den Menschen sagen: „Wir tun was“ – Herbert Reul (CDU), Innenminister in Nordrhein-Westfalen. (Foto: Oliver Berg/dpa)
  • NRW-Innenminister Herbert Reul hat ein Buch mit dem Titel „Sicherheit. Was sich ändern muss“ geschrieben, obwohl er eigentlich nie ein Buch schreiben wollte.
  • Reul warnt, dass die Sicherheit bedroht sei wie nie zuvor seit dem Ende des Kalten Krieges und dass 73 Prozent der Deutschen nicht mehr glauben, dass die Politik Probleme lösen kann.
  • Der Minister fordert unter anderem mehr digitale Ermittlungsmöglichkeiten, KI-Systeme für die Polizei und eine Begrenzung des Zuzugs Geflüchteter, da die Integrationsfähigkeit am Limit sei.
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Eigentlich wollte NRW-Innenminister Herbert Reul nie ein Buch schreiben, schreibt er – in seinem ersten Buch. Er sorgt sich um die Sicherheit und um die Demokratie. Und da hätte der CDU-Politiker ein paar Tipps.

Von Christoph Koopmann

Auf einigen Demonstrationen ist seit ein paar Jahren ein Running Gag zu beobachten. Egal, worum es gerade geht, irgendwer hat ein Schild dabei, auf dem steht: „Ich bin so sauer, ich hab sogar ein Schild gebastelt!“ Ungefähr so muss man sich wohl auch herleiten, weshalb Herbert Reul jetzt zwar kein Schild gebastelt, aber ein Buch geschrieben hat. Reul, der Innenminister Nordrhein-Westfalens, dem Boulevard und der Opposition auch bekannt als „schwarzer Sheriff“. Ein Buch habe er jedenfalls nie schreiben wollen, schreibt dieser in seinem Buch, das dieser Tage erscheint. Besondere Zeiten erfordern offenbar besondere Maßnahmen. Denn Herbert Reul (CDU) macht sich Sorgen. Große Sorgen.

Sein Fach ist die Sicherheit, die der Menschen, und, so scheint er seinen Arbeitsauftrag auch zu verstehen: die der Demokratie. Es sei nun mal so, schreibt Reul, dass 73 Prozent der Deutschen ausweislich einer aktuellen Umfrage nicht mehr glaubten, dass die Politik die Probleme lösen kann. Weshalb sie sich „von der Demokratie abwenden“. Was er meint, ist nicht so schwer zu erraten: Die AfD steht in bundesweiten Umfragen gerade auf Platz eins.

Er meint Putin und junge Männer mit Messern

Der relativ schlichte Titel seines Erstlingswerks: „Sicherheit. Was sich ändern muss.“ Reul schreibt: „Unsere Sicherheit ist bedroht wie nie zuvor seit dem Ende des Kalten Krieges, sowohl von außen als auch von innen.“ Er meint Putin genauso wie junge Männer, die mit Messern bewaffnet spätabends durch Innenstädte ziehen. Letztere sind als Innenminister ja auch eher seine Zielgruppe. Genau wie Islamisten, Neonazis, Waldbesetzer, Missbrauchstäter. Praktisch in jedem Feld notieren seine Polizei und sein Verfassungsschutz in NRW (und nicht nur da) jüngst erschütternde Anstiege der Fallzahlen. Stellenweise liest sich Reuls Buch, das mithilfe der Autorin Doris Mendlewitsch entstanden ist, wie ein Kondensat der neuesten Kriminalstatistik. Sollten Sie also Gute-Laune-Herbstferienlektüre suchen: Lesen Sie dieses Buch lieber nicht.

Herbert Reul: Sicherheit. Was sich ändern muss. Hoffmann und Campe, Hamburg 2025. 192 Seiten, 25 Euro.  (im Buchhandel von Dienstag, 14. Oktober an)
Herbert Reul: Sicherheit. Was sich ändern muss. Hoffmann und Campe, Hamburg 2025. 192 Seiten, 25 Euro. (im Buchhandel von Dienstag, 14. Oktober an) (Foto: Hoffmann und Campe)

Manchmal ist es zwar entgegen der Sachbuch-von-Politiker-Erwartung sogar ganz nett geschrieben, weil Reul eben ein Mann der direkten Sprache ist. Oder wenn er schildert, wie er mal bei einer Razzia in einem Nachtklub dabei war und der DJ „Der Kommissar“ von Falco aufgelegt hat. Ansonsten eignet sich die Lektüre eher für den harten Reality Check.

Reul will mehr Kompetenzen für die Polizei

Einerseits weist der Minister gern darauf hin, was er in seiner inzwischen achtjährigen Amtszeit alles Innovatives geschaffen habe (etwa ein Hinweistelefon für Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch, „Cyber Cops“ und ein System zur Einschätzung potenzieller Gewalttäter). Andererseits sieht er noch viele, viele offene Punkte.

Weil es so viele Missbrauchsdarstellungen im Netz gebe und sich Jugendliche über Social Media radikalisierten, fordert er mehr Beinfreiheit für digitale Ermittlungen. Die Vorratsdatenspeicherung ist seit zwanzig Jahren seit Petitum. Jetzt will die Bundesregierung sie auch tatsächlich einführen. Aber die Polizei brauche auch KI-Systeme, fordert Reul, um die Massen an Daten überhaupt auswerten zu können.

Und dass junge Männer mit Migrationshintergrund unter Gewalttätern deutlich überrepräsentiert sind, führt ihn unter anderem zu dem Schluss, die „Integrationsfähigkeit“ der Bundesrepublik sei „am Limit“. Der Zuzug Geflüchteter müsse begrenzt werden.

Leidenschaftlicher Kampf gegen Clankriminalität

Seine Gegner sehen Reul wegen solcher Einlassungen mindestens an der Schwelle zum Populismus, gern haben sie sich auch festgebissen an seinem leidenschaftlichen Nahkampf gegen Clankriminelle. Er hat dem Vorwurf immer widersprochen. „Schweigen oder Schönreden hilft nicht nur nichts, sondern verhindert Lösungen“, schreibt Reul auch jetzt. Es kommt halt auf den Ton an.

Neulich hat er sich eine Breitseite des grünen Koalitionspartners in NRW eingefangen, als er die Polizei anwies, künftig bei Tatverdächtigen zu erfassen, ob sie eine doppelte Staatsbürgerschaft haben. Reul beteuerte, er wolle einfach maximale Offenheit. Seine Kritiker finden, er schüre Vorurteile. Von seinen Einlassungen im Ministeralltag bleibt nun mal eher das schlagzeilen- und zitatkacheltaugliche offene Wort hängen als der Zwischenton. Auf 175 Seiten kann er den schon eher mal zu platzieren versuchen. Zum Beispiel schreibt er auch: „Nicht Ausländer sind ein Problem. Sondern Ausländerkriminalität ist ein Problem, und dieses müssen wir benennen.“ Er fordert dagegen auch nicht nur eine Obergrenze für Geflüchtete, sondern mehr Gewalt- und Extremismusprävention.

Ganz am Ende geht Reul noch in eine Art Schnellfragerunde mit sich selbst. Warum er Innenminister geworden ist? Weil er so Dinge verbessern könne, damit die Menschen sähen: „Wir tun was, ihr müsst nicht radikal wählen, damit sich was ändert.“

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SZ PlusVon Björn Finke, Christian Wernicke

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