Henrico Frank:Arbeitsloser versetzt Ministerpräsident

Lesezeit: 2 min

Der erwerbslose Henrico Frank hat ein Treffen mit SPD-Chef Beck platzen lassen. Wenn er die angebotenen Jobs nicht annimmt, kann das kann unangenehme Folgen für ihn haben.

odg

Er forderte Arbeit, wurde von Kurt Beck angeschnauzt, wurde von Medien und Politikern in Schutz genommen. Nun kann der erwerbslose Wiesbadener Bauarbeiter Henrico Frank in Ruhe unter mehreren Jobangeboten wählen. Und ist trotzdem in der Kritik.

Henrico Frank vor und nach seinem Frisörtermin (Foto: Foto: ddp)

Vergangenen Dienstag hatte der aus Gotha stammende Hartz-IV-Empfänger und Punk bei einem lokalen Wahlkampftermin Becks auf dem Wiesbadener Weihnachtsmarkt lautstark über sein Schicksal geschimpft.

Laut Augenzeugen war Frank angetrunken und brüllte Beck aus wenigen Metern Entfernung an: "Du bist schuld, dass ich Hartz IV bin." Der SPD-Chef blaffte zurück: "Wenn Sie sich waschen und rasieren, finden Sie auch einen Job" - und löste damit einen Sturm der Entrüstung aus.

Die Bild-Zeitung fragte am Tag darauf: "Darf ein SPD-Chef das sagen?" Grüne und Linkspartei überzogen Kurt Beck mit scharfer Kritik, verlangten eine Entschuldigung. Die Hartz-IV-Initiative, in deren Vorstand Frank sitzt, forderte sogar Becks Rücktritt.

Dass Frank selbst für Becks scharfe Antwort auf seine Provokation öffentlich Verständnis gezeigt hatte und dass der Ministerpräsident ihm gleich auch einen Termin in der Staatskanzlei und Hilfe bei der Jobsuche angeboten hatte, wurde zunächst kaum bemerkt.

Stattdessen nahmen sich die Medien des Falles an, lichteten Frank rasiert, frisiert und gewaschen ab. Die Wiesbadener Arbeitsloseninitiative kümmerte sich sehr nachdrücklich um den gescheitelten Punk. Frank stehe ab sofort für Interviews nicht mehr zur Verfügung, alle Anfragen liefen nur noch über sie, erklärte eine Sprecherin der Initiative. Sie zeichnete mit "Management für Henrico Frank".

Und so war es die Sprecherin die für Frank die Einladung abwiegelte, die Becks Helfer flugs zur Schadensbegrenzung in den Kalender des Ministerpräsidenten eingebaut hatten. Begründung der Absage: Frank habe an beiden zur Auswahl gestellten Terminen schon was vor, "ehrenamtliche Verpflichtungen". So sprach die Sprecherin in die Mikrofone, Frank stand daneben und schwieg.

Das Beck-Lager gab noch nicht auf, schließlich stand der gute Ruf des SPD-Chefs auf dem Spiel. Zwei Mitarbeiter der Mainzer Staatskanzlei fuhren zu Franks Wiesbadener Wohnung - und warfen ihm acht Stellenangebote in den Briefkasten, sagte ein Regierungssprecher Becks.

Für die Staatskanzlei war der Fall nun erledigt. Für das Sozialamt noch lange nicht. Inzwischen drohte der Wiesbadener Sozialdezernent Wolfgang Hessenauer Frank unverhohlen mit Kürzungen des Arbeitslosengeldes II, falls er Becks Angebote nicht annehme: "Herr Frank darf die Angebote nicht einfach ausschlagen", sagte er dem Tagesspiegel.

Selbst der politische Gegner ist vom Beck-Bashing zum Punk-Prügeln übergegangen: "Das Verhalten von Henrico Frank ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die wirklich Arbeit suchen", sagte der CDU-Politiker Laurenz Meyer der Bild-Zeitung, die Frank obendrein "frechsten Arbeitslosen" der Republik nannte.

Auch der Generalsekretär der FDP attackierte Frank. Der Vorgang sei "eine schäbige Posse", kritisierte Dirk Niebel. Millionen Arbeitslose wünschten sich nichts sehnlicher als Arbeit.

Henrico Frank jedenfalls ist wählerisch. Über seine Sprecherin ließ er verlauten, dass er künftig nicht mehr auf dem Bau malochen und daher zum Altenpfleger umschulen wolle.

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: