Helmut Linssen zu Steuervorwürfen:Der CDU-Schatzmeister spricht in Rätseln

Helmut Linssen

Forderte die Bürger zu besserer Steuermoral auf: CDU-Schatzmeister Helmut Linssen, hier eine Aufnahme, die während seiner Amtszeit als nordrhein-westfälischer Finanzminister entstand.

(Foto: dpa)

Wegen der alten Mutter, wegen des Erbes und außerdem war die Anlage gar nicht so ertragreich: Seltsam begründet CDU-Politiker Helmut Linssen, warum er Geld in Steueroasen transferierte. Was der nordrhein-westfälische Ex-Minister gemacht hat, ist selbst für erfahrene Fahnder schon arg.

Von Bernd Dörries und Hans Leyendecker

Mitte der Neunzigerjahre diskutierte die Republik über die schlechte Steuermoral und den heimlichen Transfer von Milliarden Mark ins nahe gelegene Steuerparadies Luxemburg mithilfe der Banken. Das Thema war große Politik und schaffte es leicht in die Tagesschau.

In Luxemburg hatten die deutschen Geldhäuser 70 Institute platziert, und die lockten die Steuerhinterzieher und Geldverstecker mit flotten Sprüchen wie "Zweitwohnsitz für ihr Geld" ins Großherzogtum.

Der Unternehmer Helmut Linssen war damals Fraktionschef der CDU im Düsseldorfer Landtag. Er predigte Werte, trat für mehr Moral ein - auch für mehr Steuermoral. Die Luxemburg-Connection und die Weiterleitung des Geldes in fernste Steueroasen wurde im Landtag heftig kritisiert.

Damals kam im Zusammenhang mit Luxemburg erstmals das Wort von den "Beihilfe-Banken" auf. Den Begriff hatte der Steuerfahnder und Jurist Peter Beckhoff fürs Strafrecht passend gemacht, damit man zugreifen konnte. Beckhoff, Jahrgang 1949, war damals noch bei der Steuerfahndung Düsseldorf.

Verräterisches Kreuz

So ein Fahnder erlebt vieles, aber dass ein politisches Mittelgewicht wie Linssen auf die Idee kommt, mit seiner Frau Anfang August 1997 nach Luxemburg zu fahren und bei einer damaligen "Beihilfe-Bank", einer Tochter des Düsseldorfer Geldhauses HSBC Trinkaus & Burkhardt 829 322 Mark zu deponieren, das war schon arg.

Der Stern, der Linssens Tour vom Niederrhein ins Großherzogtum jetzt enthüllt hat, vermerkt genüsslich, Linssen habe auf einem Bankpapier das Feld "Selbstabholung" angekreuzt. Für Steuerfahnder wie Beckhoff ist ein solches Kreuz verräterisch. Der Kunde stellt sicher, keine Post von seiner Bank zu bekommen. Wer das will, möchte etwas verheimlichen.

Ein Großteil der Linssen-Einlage wurde erst auf die Bahamas, dann nach Panama transferiert. Linssen hob das Geld später in Tranchen wieder ab. Im Dezember 2004 holte er den Rest. 141 113 Euro. Der Betrag wurde nicht überwiesen, er wurde abgehoben. Cash.

Der 71 Jahre alte CDU-Politiker, der Spitzenkandidat der CDU war und Bundesschatzmeister seiner Partei ist, sagt jetzt, es habe sich um eine Familienangelegenheit gehandelt: "Wir mussten ein Erbe regeln und das ist nicht so leicht mit einer 90-jährigen Mutter." Er spricht in Rätseln. "Wir haben die teuerste Variante gewählt, die keine Erträge brachte", fügt er hinzu. Sonderbar. Und: Ist dann alles in Ordnung?

Dramolett über den Minister und Fahnder

Nichts ist in Ordnung. Die früheren Mauscheleien von Kassenwarten der CDU in den diversen Parteispendenaffären waren ein Anschlag auf die Demokratie. Einige der Staatsanwälte und Steuerfahnder, die den Schwindel auffliegen ließen, sind danach wegen des Saustalls, den sie gesehen hatten, nicht mehr zur Wahl gegangen.

Auf der Bühne könnte das Luxemburg-Dramolett als Stück über den Minister und Fahnder durchgehen. Linssen wurde 2005 Finanzminister in Nordrhein-Westfalen, der Luxemburg-Spezialist Beckhoff wechselte zur Steuerfahndung nach Wuppertal. Er wurde Chef, schrieb deutsche Steuer-Geschichte. Er setzte den Schweizer Banken so zu, dass die Schweiz gegen ihn und zwei seiner Kollegen Haftbefehle wegen "Gehilfenschaft zum wirtschaftlichen Nachrichtendienst" ausstellen ließ.

Der CDU-Minister Linssen hat in seiner Amtszeit drei CDs mit den Daten deutscher Kunden fürs Land erworben. Meist hat Beckhoff mit seinem Team die Fälle bearbeitet und bekam Lob vom Minister.

Im Frühjahr 2010 wurde eine CD mit den Daten von Kunden der HSBC angeboten, darunter war auch der Vorgang Linssen. Die Fahnder prüften noch, ob der Ankauf sinnvoll sei - da schied Linssen als Minister aus. Sein Nachfolger von der SPD kaufte die CD. Auch er hätte diese CD gekauft, auf der seine eignen Daten waren, behauptet Linssen heute. Ein Verfahren wurde eröffnet und eingestellt, weil es ja nichts zu versteuern gab. Von den Zigtausenden Luxemburg-Fällen ist dieser Fall der ungewöhnlichste.

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