Heinz Fischer:"Die Demokratie hat feste Wurzeln wie ein Baum, aber sie ist nicht unzerstörbar"

Austrian outgoing President Heinz Fischers retirement ceremony in

Am 8. Juli wurde Heinz Fischer als Bundespräsident im Parlamentsgebäude in Wien feierlich verabschiedet. Seitdem hat Österreich immer noch kein neues Staatsoberhaupt.

(Foto: dpa)

Altbundespräsident Heinz Fischer hält Österreich weder für eine Bananenrepublik noch für traditionell rechtspopulistisch. Sorgen macht er sich trotzdem.

Von Cathrin Kahlweit

Der österreichische Bundespräsident ist seit Juli nicht mehr im Amt - und eigentlich hatte am Tag seiner Verabschiedung sein Nachfolger, der grüne Politiker Alexander Van der Bellen, ins Amt eingeführt werden sollen. Doch wenige Tage vor dem Festakt gab der Verfassungsgerichtshof der Wahlanfechtungsklage der FPÖ statt; Van der Bellen musste erneut ins Rennen gehen gegen FPÖ-Kandidat Norbert Hofer, und das Land hatte erst einmal keinen neuen Staatschef.

Viele Österreicher waren darüber gar nicht so unglücklich, weil Fischer ausnehmend beliebt war und nun irgendwie gefühlt noch ein wenig blieb. Das hat Fischer genutzt und sich mit einer am Freitag in Buchform erschienenen "Wortmeldung" in die Debatte um die Suche nach seinem Nachfolger und das wichtigste Wahlkampfthema, die Flüchtlingskrise, eingemischt.

Dass er Van der Bellen gewählt hat und wieder wählen wird, wenn am 4. Dezember der nächste Anlauf für die Präsidentenwahl ansteht, hat dabei wenig überrascht. Im SZ-Interview erklärt Fischer aber, warum er sich um die Demokratie und die offene Gesellschaft in Österreich sorgt, auch wenn sein Heimatland weder traditionell rechtspopulistisch noch eine Bananenrepublik sei: "Die Demokratie hat feste Wurzeln wie ein Baum, aber sie ist nicht unzerstörbar."

Schämen müsse man sich nicht für Hilfsbereitschaft, sondern für mangelnde Hilfsbereitschaft oder gar Feindseligkeit gegenüber Menschen aus anderen Ländern - und auch für den Versuch, aus der Not von Menschen politisches Kapital zu schlagen. Er habe kein Verständnis dafür, dass der Gedanke, dass es sich bei Flüchtlingen um Menschen mit Gefühlen und Ängsten handele, beiseitegeschoben werde.

Das Vorgehen der FPÖ hält Fischer für legitim

Der Altbundespräsident nennt die rechtspopulistische FPÖ in dem Interview nicht beim Namen; er wolle es der Partei nicht zu leicht machen, ihm vorzuwerfen, er reihe sich in die Phalanx der FPÖ-Beschimpfer ein. Er wolle vielmehr, so Fischer, inhaltlich einen Beitrag zur Debatte über die Zukunft Österreichs und die Wahrung der Menschenrechte leisten.

Dass die FPÖ mit der Wahlanfechtungsklage erfolgreich war, will Fischer nicht kritisieren, er halte das Urteil des Verfassungsgerichts nicht für ein "Fehlurteil" und das Vorgehen der FPÖ für legitim. Schließlich habe sich in den vergangenen Jahrzehnten ein gewisser Schlendrian angeschlichen, insofern sei das Urteil ein "reinigendes Gewitter" gewesen.

Eine gewisse Schadenfreude war bei dem Bundespräsidenten a.D. der Republik Österreich aber auch nicht zu überhören: "Von meinen zwölf Jahren als Bundespräsident habe ich von den Freiheitlichen elf Jahre lang gehört, man brauche den Präsidenten eigentlich gar nicht. Seit die Freiheitlichen selbst einen Kandidaten in der Stichwahl haben, sind sie von dieser Behauptung total geheilt. Das ist doch ein schöner pädagogischer Erfolg."

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