Heiner Geißler:Generalsekretär, Querdenker, Schlichter

Von Kohls Abteilung Attacke bis zum Globalisierungskritiker: Das politische Leben Heiner Geißlers in Bildern.

19 Bilder

Dr. Heiner Geissler,; Heiner Geißler

Quelle: Regina Schmeken

1 / 19

Generalsekretär, Familienminister, Schlichter, Globalisierungskritiker: Heiner Geißler hat in seinem Leben viele Ämter übernommen. Nun ist er im Alter von 87 Jahren gestorben.

Geissler mediator for 'Stuttgart 21' demonstrators arrives for official presentation of 'stress test' results on 'Stuttgart 21' railway project in Stuttgart

Quelle: REUTERS

2 / 19

Der gebürtige Schwabe hatte schon viele Baustellen beackert, als er sich 2010 einer tatsächlichen widmete: Der ehemalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler moderierte im Streit um das Bahnprojekt "Stuttgart 21". Dabei galt Geißler eigentlich eher als Querkopf, der kein Blatt vor den Mund nimmt.

Stuttgart 21 - Heiner Geißler trifft Winfried Kretschmann

Quelle: dpa

3 / 19

Sein Parteifreund, Baden-Württembergs damaliger Ministerpräsident Stefan Mappus, begründete die Wahl des Vermittlers mit dessen Erfahrung als Schlichter - außerdem kenne Geißler als gebürtiger Baden-Württemberger Land und Leute.

Geißlers Schlichtung erfolgte zur Zufriedenheit von Mappus. Auch der Grüne Winfried Kretschmann stellte fest: "Geißler hat das hervorragend gemacht". Nach Kretschmanns Wahl zum Ministerpräsidenten pries Geißler den Grünen seinerseits: "Das kann der auf jeden Fall."

Heiner Geißler, dpa

Quelle: dpa

4 / 19

Einen Monat vor Helmut Kohl kam Heiner Geißler am 3. März 1930 im württembergischen Oberndorf zur Welt. Nach dem Abitur 1949 am Kolleg St. Blasien trat er mit 19 Jahren dem Jesuitenorden bei, verließ ihn jedoch wieder - weil er nicht alle Gelübde ablegen wollte, wie er sagte.

Anschließend studierte er Jura und promovierte 1960 über die Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen.

Dann folgte der Einstieg in die Politik: 1961 wurde er Vorsitzender der baden-württembergischen Jungen Union und persönlicher Referent bei einem Landesminister. 1965 wurde Geißler in den Bundestag gewählt.

Diese Aufnahme zeigt den jungen Abgeordneten Geißler am Rednerpult des Bonner Parlaments, dem er zwischen 1965 und 1967 und von 1980 bis 2002 angehörte.

Heiner Geißler und Helmut Kohl, 1989

Quelle: SZ Photo

5 / 19

Im Mai 1967 wurde Geißler selbst Minister. In Rheinland-Pfalz erhielt er das Ressort für Soziales, Gesundheit und Sport. 1969 wurde der CDU-Landeschef Helmut Kohl Ministerpräsident in Mainz - der Beginn einer intensiven Polit-Beziehung.

Nachdem Kohl 1973 den Bundesvorsitz der CDU übernahm, wollte Geißler Landeschef der Partei in Rheinland-Pfalz werden. Er unterlag Bernhard Vogel und schied 1977 als Minister aus.

Dem Rückschlag folgte 1977 die Rückkehr nach Bonn in einer Rolle, die Geißler mit Verve ausfüllte: Helmut Kohl machte ihn zum CDU-Generalsekretär.

Bundestagswahl historisch

Quelle: dpa

6 / 19

Für Franz Josef Strauß (2.v.l.), den großen unionsinternen Rivalen von Helmut Kohl (3.v.r), managte Geißler (2.v.r.) den Bundestags-Wahlkampf 1980.

Kanzlerkandidat Strauß unterlag Helmut Schmidt, zwei Jahre später konnte das Kohl-Lager jubeln: Die Abgeordneten von Union und FDP machten den CDU-Vorsitzenden Kohl zum Kanzler. Geißler wurde Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit und blieb es bis 1985. Sein Amt als Generalsekretär behielt er.

Heiner Geißler dpa

Quelle: dpa

7 / 19

Geißler 1983 mit einem Plakat, auf dem er seine CDU als Friedenspartei präsentiert. Als Generalsekretär führte er seine Auseinandersetzungen teilweise polemisch und demagogisch. Unter anderem behauptete er sinngemäß, der Pazifismus der 1930er Jahre habe Auschwitz erst möglich gemacht.

Heiner Geißler AP

Quelle: AP

8 / 19

Warnung vor linken Konstellationen. 1986 machte Kohls Abteilungsleiter Attacke noch mit der rot-grünen Gefahr Stimmung, Jahre später brachte Geißler die Grünen als potentiellen Koalitionspartner für seine CDU ins Gespräch.

Heiner Geißler dpa

Quelle: dpa

9 / 19

Geißlers Lust an der Provokation machte ihn für manche zu einer regelrechten Hass-Figur. Der CDU-Generalsekretär stellte sich gerne hitzigen Diskussionsrunden - mitunter mit schmerzhaften Nebenwirkungen: Im Februar 1986 bekam Geißler bei einem öffentlichen Gespräch zum Thema "Ärzte gegen den Atomkrieg - was halten Sie davon?" einen Beutel mit roter Farbe an den Kopf geworfen - wie Joschka Fischer 13 Jahre später.

Heiner Geißler AP

Quelle: AP

10 / 19

Nicht nur die politischen Gegner rieben sich an Heiner Geißler. Auch konservative Parteifreunde hatten mit dem eigenständigen Kopf ihre Probleme. Wiederholt prangerte er die vom Westen gestützte Militärjunta des Augusto Pinochet in Chile an - und wurde unter anderem vom damaligen CSU-Generalsekretär Edmund Stoiber scharf kritisiert.

CDU-Bundesparteitag in Bremen 1989

Quelle: dpa

11 / 19

Helmut Kohl konnte auch dank seines emsigen Generalsekretärs Heiner Geißler ins Kanzleramt einziehen. Kohls erster Parteisoldat organisierte für die Union drei erfolgreiche Bundestagswahlen. Doch schon Anfang der achtziger Jahre gab es Risse in der Polit-Partnerschaft, die im Laufe der Jahre immer größer wurden.

1989 wollte Geißler zusammen mit anderen Kohl durch den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth ersetzen. Der "Putsch" misslang und so war es Geißler, der seinen Posten auf dem Bremer CDU-Parteitag (Foto) verlor.

Kurze Zeit später fiel die Mauer - Kohl konnte sich im Glanze der Einheit sonnen, während Geißler sich mit seinem Abgeordnetenmandat und dem Präsidiumssitz begnügen musste.

Dr. Heiner Geissler

Quelle: Catherina Hess

12 / 19

Nach dem Ausscheiden aus dem Generalsekretärsamt hatte Geißler mehr Zeit für seine Hobbys. Er war ein begeisterter Wanderer...

HEINER GEIßLER IN KLETTERWAND

Quelle: Patrick Seeger/dpa

13 / 19

...und kletterte seit seiner Jugend. Bei Redaktionsbesuchen bewies er mit über 70 noch gerne seine Fitness: Er machte Klimmzüge am Türrahmen.

"Sport ist eine wichtige Voraus­setzung, damit man in kritischen Situationen fit bleibt", erklärte der Ex-Politiker seinen Bewegungsdrang.

Heiner Geißler dpa

Quelle: dpa

14 / 19

Geißler war ein passionierter Gleitschirmflieger, was ihm fast zum Verhängnis wurde. Im Jahre 1992, als dieses Foto entstand, verunglückte Geißler in der Südpfalz und brach sich einen Lendenwirbel.

Noch am Krankenbett machte er wieder Politik: Er kritisierte unter anderem die Sparpolitik des damaligen Bundesfinanzministers Theo Waigel (CSU).

In den folgenden Jahren machte Geißler seinem Ruf als Querdenker alle Ehre: Unter anderem dachte er laut über schwarz-grüne Koalitionen nach, kritisierte die "Steuerlüge" der Union angesichts des gigantischen Finanzbedarfs der deutschen Einheit und sympathisierte mit dem Vorschlag Golo Manns, die Stasi-Akten-Behörde "einfach anzuzünden".

1996 war er als Spitzenkandidat der CDU in Rheinland-Pfalz im Gespräch, was jedoch durch den "massiven persönlichen Einsatz" (Spiegel) Helmut Kohls verhindert wurde.

HEINER GEIßLER WIRD 70 JAHRE

Quelle: EPD

15 / 19

Geißler wiederum schaltete sich mit einem Beitrag zur CDU-Parteispendenaffäre 1999 ein, der dem Altkanzler ganz und gar nicht geschmeckt haben dürfte: Er bestätigte als erster prominenter CDU-Politiker die Existenz von "schwarzen Konten".

Auf dem Bild ist er wenige Wochen nach dieser Aussage bei einer Pressekonferenz zum Thema im Konrad-Adenauer-Haus zu sehen.

CDU-PARTEITAG HEINER GEIßLER MIT ANGELA MERKEL

Quelle: Gero Breloer/dpa

16 / 19

"Angela Merkel ist von Anfang an auch meine Kandidatin gewesen", sagte Geißler im Jahr 2000, als die CDU-Generalsekretärin zur Parteivorsitzenden gewählt wurde.

2002 setzte Geißler sich für eine Kanzlerkandidatur Merkels ein.

-

Quelle: imago stock

17 / 19

Im selben Jahr schied er aus dem Bundestag aus. 2007 trat Geißler der globalisierungskritischen Organisation Attac bei. Er bezeichnete die humane Gestaltung der Globalisierung als eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit.

In einem Interview mit sueddeutsche.de erklärte er, Kapitalismus sei genauso schlecht wie Kommunismus - und wurde dafür von einem Massenblatt zum "Verlierer des Tages" gekürt.

-

Quelle: Peter Hinz-Rosin

18 / 19

Geißler konzentrierte sich in den letzten Jahren darauf, Vorträge zu halten und Bücher zu schreiben sowie Tarifkonflikte zu schlichten.

Hin und wieder meldete er sich zu aktuellen politischen Debatten zu Wort.

Im Skandal um sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche bezog der Agnostiker und ehemalige Jesuitenschüler klar Stellung. Diese müsse die Pflicht zum Zölibat für ihre Priester aufheben, wenn sie nicht die Verbindung zu den Menschen verlieren wolle.

Auf dem Bild ist Geißler im Februar 2016 bei einer Rede im Gemeindesaal der Zornedinger Christophoruskirche zu sehen.

Dr. Heiner Geissler,; Heiner Geißler

Quelle: Regina Schmeken

19 / 19

Im April 2017 gab Geißler jungen Menschen folgenden Rat: "nicht als Egoist durchs Leben gehen, solidarisch sein".

© SZ.de/odg/jsa/pfau
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: