Süddeutsche Zeitung

Haushaltsentwurf für 2011:Schäuble spart

Das Bundeskabinett hat den Etatplan für das kommende Jahr verabschiedet. Die Opposition kritisierte den Entwurf scharf. Gespart werde vor allem bei denen, die sich nicht wehren könnten.

C. Hulverscheidt

Das Bundeskabinett hat nach langem Gerangel den Haushaltsentwurf für 2011 und die Finanzplanung für die Jahre bis 2014 verabschiedet. Mit dem Beschluss wird zum einen das Anfang Juni beschlossene Sparpaket der Regierung umgesetzt, zum anderen werden die Voraussetzungen für eine weitere Erhöhung der Bildungs- und anderer sogenannter Zukunftsinvestitionen geschaffen. Zugleich wollen Union und Liberale nach den verkorksten ersten acht Regierungsmonaten mit dem Haushalt den Grundstein für eine erfolgreichere Arbeit der Koalition nach der Sommerpause legen.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte am Mittwoch, Ziel der Regierung sei es, den Haushalt schrittweise zu sanieren, ohne dabei das Wirtschaftswachstum abzuwürgen. Anders als womöglich in den USA seien höhere Schulden in Deutschland kein Mittel zur Konjunkturstimulierung. Die Sorge der Menschen vor einer nicht mehr handhabbaren Überschuldung des Staates sei im Gegenteil eines der größten Wachstumshemmnisse. Laut Finanzplan sollen die Ausgaben des Bundes 2011 im Vergleich zum laufenden Jahr um etwa zwölf Milliarden auf gut 307 Milliarden Euro sinken. Für 2012 und die Folgejahre sind Ausgaben von jeweils etwa 301 Milliarden Euro vorgesehen. Die Nettokreditaufnahme sinkt im gleichen Zeitraum von etwa 65 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 57,5 Milliarden im Jahr 2011 und gut 24 Milliarden im Jahr 2014.

Schäuble begrüßte die Ankündigung mehrerer Haushaltspolitiker von Union und FDP, die Neuverschuldung bei den im September beginnenden parlamentarischen Beratungen noch weiter zu drücken. Die Haushälter der Koalition seien keine Gegner, sondern seine "besten Verbündeten", sagte er. In Regierungskreisen wurde allerdings bezweifelt, dass es den Fraktionsexperten tatsächlich gelingen wird, das Etatdefizit schon 2011 auf etwa 50 Milliarden Euro zu reduzieren.

Zur Begründung hieß es, es sei noch ungewiss, ob die Regierung ihr Sparpaket tatsächlich vollständig werde umsetzen können. Schäuble deutete an, dass er sich an Stelle der vorgesehenen Brennelementesteuer für Betreiber von Atomkraftwerken andere Lösungen vorstellen könne. Allerdings müssten letztlich die geplanten 2,3 Milliarden Euro pro Jahr in die Staatskasse gespült werden.

Äußerst skeptisch äußerte sich der Minister zu den Überlegungen innerhalb der Koalition, den Ausnahmenkatalog bei der Mehrwertsteuer komplett zu überarbeiten. "Der Schaden, der durch eine solche Debatte angerichtet werden kann, ist beinahe unbegrenzt", sagte er unter Verweis auf das gerade erst eingeführte, heftig umstrittene Steuerprivileg für Hoteliers. Zudem bringe eine solche Reform keineswegs die häufig zitierten 23 Milliarden Euro ein. Tatsächlich ist es vielmehr so, dass niemand die niedrigere Besteuerung von Lebensmitteln und Kulturgütern aufgeben will. Die Zusatzerlöse bei einer Beseitigung aller anderen Ausnahmen würden sich somit auf höchstens vier Milliarden Euro belaufen. In der Debatte über eine Senkung der Einkommensteuersätze für untere und mittlere Einkommen brachte Schäuble die Idee ins Spiel, eine solche Reform noch in dieser Wahlperiode zu beschließen, aber erst in der nächsten in Kraft zu setzen.

Die Opposition kritisierte den Haushaltsentwurf erneut scharf. Gespart werde vor allem bei denen, die sich nicht wehren könnten, hieß es. Schäubles Entwurf sei zudem nicht solide finanziert.

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SZ vom 08.07.2010/segi
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