Haushaltsdebatte:Sparen, sparen, sparen

Deutliche Worte des Finanzministers: Wolfgang Schäuble stimmt die Bevölkerung auf einen drastischen Sparkurs ein - und verteidigt die Rekord-Neuverschuldung des Bundes.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat Bevölkerung und Regierung auf einen drastischen Sparkurs vom nächsten Jahr an eingestimmt. Zum Auftakt der viertägigen Haushaltsdebatte im Bundestag kündigte er am Dienstag "schwerwiegende Entscheidungen" sowie Einschnitte auch bei gesetzlichen Leistungen ab dem Jahr 2011 an. Details ließ der Finanzminister erneut offen.

Haushaltsdebatte: Finanzminister Schäuble: "Wir dürfen den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen, wenn wir nicht ins Stolpern geraten wollen."

Finanzminister Schäuble: "Wir dürfen den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen, wenn wir nicht ins Stolpern geraten wollen."

(Foto: Foto: dpa)

Schäuble ermahnte die Koalition, die nötigen Maßnahmen gründlich vorzubereiten und nicht öffentlich zu zerreden. "Wir dürfen den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen, wenn wir nicht ins Stolpern geraten wollen." Auf die von der Koalition geplanten weiteren Steuersenkungen von bis zu 19,5 Milliarden Euro im Jahr ging Schäuble mit keinem Wort ein.

Der Finanzminister verteidigte zudem die historisch hohe Neuverschuldung im Bundeshaushalt 2010. Die geplante Kreditaufnahme von 85,8 Milliarden Euro sei "bitter", aber notwendig, sagte der CDU-Politiker. Ziel sei es, die Krisenfolgen zu mildern und den zarten Wirtschaftsaufschwung zu stützen.

Schäuble nannte es einen Irrtum, dass Deutschland die fatalen Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise schon hinter sich habe. Vielmehr stecke die Bundesrepublik weiter in einer "ernsten und beispiellosen" Lage. Die heimische Wirtschaft komme eben erst aus dem "tiefsten Konjunkturtal" der Nachkriegsgeschichte. Die Unsicherheit über die künftige Entwicklung sei aber noch groß. "Deshalb bleibt es richtig, dass wir weiter auf Sicht fahren müssen", sagte Schäuble.

Für 2010 und 2011 müsse von einem Anstieg der Arbeitslosigkeit ausgegangen werden. Es sei aber zu hoffen, dass er weniger dramatisch ausfalle als früher.

Bis zum Freitag werden vier Tage lang alle Einzeletats der Ministerien durchleuchtet. Traditioneller Höhepunkt ist am Mittwoch die Generalaussprache über den Haushalt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Der Bund soll nach dem Willen der Regierung in diesem Jahr 325,4 Milliarden Euro ausgeben können. Den größten Einzelplan hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit 146,82 Milliarden Euro.

Die SPD warf Schäuble das Fehlen einer klaren Wachstumsstrategie vor. Auch die Steuerschätzung im Mai werde nichts daran ändern, dass in den kommenden Jahren kein Spielraum für Steuersenkungen von 20 Milliarden Euro bestehe, sagte der SPD-Abgeordnete Joachim Poß.

Die Koalition verfolge "einen bedrohlichen Weg". Die Politik der "Klientelregierung" von Merkel werde "zur Bedrohung unserer Zukunft", sagte Poß.

Der Grünen-Abgeordnete Alexander Bonde kritisierte, der Haushalt verstoße gegen das Prinzip der Generationengerechtigkeit. Bei einem Ausgabenvolumen von 325 Milliarden Euro, bei dem allein hundert Milliarden Euro auf Pump finanziert würden, wisse "jeder Mensch, dass das nicht abbaubar ist, wenn man gleichzeitig die Einnahmeseite kaputt macht". Die Leittragenden seien "unsere Kinder, Enkel und Urenkel".

Bonde warf Schäuble vor, das Steuergeschenk der ermäßigten Umsatzssteuer für Hotel-Betriebe entgegen aller ökonomischen Vernunft durchgesetzt zu haben. Der Finanzminister verstehe zwar etwas von "Vetterle-Wirtschaft", aber nicht von Wirtschaft.

Die Linken-Abgeordnete Gesine Lötzsch forderte die Bundesregierung auf, den Haushalt zurückzuziehen. Dieser sei "ein Haushalt von Lobbyisten für Lobbyisten", sagte Lötzsch. "Wir brauchen einen Haushalt der sozialen Gerechtigkeit."

Die von Schwarz-Gelb angestrebte Steuerentlastung sei "nichts anderes als die Umverteilung von unten nach oben". Zur Entlastung des Haushalts schlug Lötzsch die flächendeckende Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns vor. Zudem forderte sie einen Verzicht auf "Prestigeobjekte" wie den Bau des Militärtransporters A400-M.

Neue Rettungsmaßnahmen für Großbanken

Er kündigte auch neue Instrumente zur Rettung gefährdeter Großbanken an. Schäuble sagte: "Die Bundesregierung wird einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen." Es gebe Bedarf, für systemrelevante Banken Instrumente vorzuhalten, die bei der Gefahr einer Pleite eine "geordnete Reorganisation ermöglichen und Anteilseigner und Gläubiger angemessen an der Rettung beteiligen".

Eingearbeitet werden sollen demnach der Diskussionsentwurf des Justiz- und Finanzministeriums vom August 2009 und die Empfehlungen des Sachverständigenrates. Darüber hinaus arbeite auch die EU-Kommission an einem Rahmenwerk zur Bewältigung grenzüberschreitender Krisenfälle im Bankensektor, betonte der Minister.

Schäuble versprach darüber hinaus, die Regierung werde "zügig, aber nicht übereilt," die versprochene Reform der nationalen Finanzaufsicht angehen. Diese Reformüberlegungen würden sich nicht nur auf die Bankenaufsicht beschränken, "sondern die gesamte Finanzaufsicht einbeziehen".

In der Koalition gibt es Vorschläge, nicht nur die Kontrolle der Banken, sondern auch von Versicherungen und Wertpapierhandel unter dem Dach der Bundesbank zu bündeln.

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