Süddeutsche Zeitung

Haushalt:Bund will fast 140 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen

Wegen der Wahl im vergangenen Jahr hat es länger gedauert, nun steht der Bundeshaushalt. Gut 496 Milliarden will die Regierung 2022 ausgeben, 139 Milliarden Euro davon muss sie sich leihen.

Die Ampelkoalition will in ihrem ersten vollen Regierungsjahr fast 140 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen. Das ergaben die abschließenden Beratungen des Haushaltsausschusses am frühen Freitagmorgen in Berlin. Der Bundeshaushalt für 2022 sieht nun Ausgaben von insgesamt rund 495,79 Milliarden Euro vor - noch etwas mehr als von Finanzminister Christian Lindner (FDP) veranschlagt.

Der Bundestag will den Haushaltsentwurf in der Woche vom 30. Mai bis 3. Juni verabschieden. Grund für den späten Beschluss ist die Bundestagswahl mit Regierungswechsel im vergangenen Herbst. Die Ministerien arbeiten seit Jahresbeginn mit einer vorläufigen Haushaltsführung.

"Wir schaffen Sicherheit in der Krise"

In der fast 15-stündigen "Bereinigungssitzung" beschlossen die Haushälter noch mehrere Änderungen an Lindners Entwurf. Unter dem Strich wurden die Investitionen im Vergleich dazu nun um 705 Millionen Euro erhöht, die Ausgaben insgesamt um 11,9 Milliarden. Die vom Finanzminister vorgeschlagene Neuverschuldung von 138,94 Milliarden Euro wird trotzdem eingehalten, weil man zugleich mit deutlich mehr Einnahmen plant.

"Die parlamentarischen Haushaltsberatungen standen im Zeichen von großen, globalen Krisen", erklärten die Koalitions-Haushälter Dennis Rohde (SPD), Sven-Christian Kindler (Grüne) und Otto Fricke (FDP) im Anschluss. Das Ergebnis zeige: "Wir schaffen Sicherheit in der Krise, international und in Deutschland. Wir investieren in Infrastruktur, schützen das Klima, unterstützen den Mittelstand, fördern Forschung, Innovation und den sozialen Zusammenhalt. Außerdem stärken wir Sicherheits-, Außen- und Entwicklungspolitik."

Die größte Anpassung hatte Lindner allerdings bereits selbst vorgenommen: Mit einem Ergänzungshaushalt im Volumen von fast 40 Milliarden Euro reagierte er auf den russischen Krieg in der Ukraine und finanzierte neben der Aufnahme von Flüchtlingen auch Hilfen für Unternehmen und Bürger. Vor allem über Steuersenkungen sollen der explosionsartige Anstieg der Energiepreise und die hohe Inflationsrate etwas abgefedert werden. Auch die Haushälter legten an einigen Stellen nochmal drauf, strichen an anderen etwas zusammen.

Gespart wird am Büro des Altkanzlers

Unter anderem strichen sie SPD-Altkanzler Gerhard Schröder die Mittel für Büro und Mitarbeiter mit der Begründung, er nehme keine Aufgaben im Zusammenhang mit seinem früheren Amt mehr wahr. Schröder ist wegen seiner trotz des Ukraine-Kriegs anhaltenden Kontakte zu Russland und zu Präsident Wladimir Putin stark umstritten. Große Summen fließen in Entlastungen für viele Haushalte zum Beispiel durch einen Heizkostenzuschuss und einen Sofortzuschlag für Familien mit Kindern. Für alle Steuerzahler steigt der Grundfreibetrag, auf den man keine Einkommensteuer zahlt. Außerdem werden für drei Monate die Energiesteuern auf Sprit gesenkt. Alle einkommensteuerpflichtig Beschäftigten bekommen eine Energiepreispauschale von 300 Euro. Auch für die Wirtschaft wurden neue Hilfspakete geschnürt und Abschreibungsregeln verändert.

Zusätzliche Schulden könnten nötig werden, wenn der Bundestag die geplante Finanzspritze für die Bundeswehr beschließt. Das Geld soll allerdings abseits des Kernhaushalts in einem Sondervermögen aufgenommen und auch nicht auf die Schuldenbremse angerechnet werden. Diese Kreditobergrenze wird für das laufende Jahr wegen der Krisen noch einmal ausgesetzt, im kommenden Jahr will Lindner sie wieder einhalten.

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