Hass im Netz:Macher des Neonazi-Portals "Altermedia" verurteilt
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"Heute sind wir das erste germanische Volk, das sich vom Judentum befreit hat". "Hass ist ethisch völlig unterbewertet und zu Unrecht verpönt." "Der Arterhaltungstrieb ist erheblich stärker als der Selbsterhaltungstrieb." Formulierungen wie diese hat das Bundesinnenministerium 2016 als scheußlich genug empfunden, um die Neonazi-Webseite "Altermedia" zu verbieten.
Nun hat das Oberlandesgericht Stuttgart vier Macher der Seite zu Haftstrafen verurteilt, davon drei auf Bewährung. Weil sie online Hass gegen Ausländer, Flüchtlinge und Juden geschürt, Nazi-Parolen verbreitet und den Holocaust geleugnet haben, wurden sie unter anderem der Volksverhetzung und der Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung schuldig gesprochen.
Gegen den Kopf hinter der rechtsextremistischen Plattform, einen 29 Jahre alten arbeitslosen Informatiker aus dem Schwarzwald, wurde eine Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt. Eine weitere Schlüsselfigur war dem Gericht zufolge eine 48 Jahre alte Call-Center-Mitarbeiterin aus Nordrhein-Westfalen, die ein umfassendes Geständnis ablegte und eine Strafe an der Bewährungsgrenze von zwei Jahren bekam.
Das Verfahren gegen einen 54-Jährigen, der im spanischen Lloret de Mar lebt, wurde wegen dauerhafter Verhandlungsunfähigkeit abgetrennt. Zu Bewährungsstrafen von einem Jahr und drei Monaten beziehungsweise acht Monaten wurden eine in Nürnberg geborene 63-Jährige sowie eine 61-Jährige aus Berlin verurteilt. Beide moderierten auf der Seite über Jahre Foren wie "Volk und Rasse" oder "Heimat und Hof".
Frühere Betreiber der Plattform waren schon 2011 in Rostock zu 30 und 27 Monaten Haft verurteilt worden.
Die Taten machten ihn "sprachlos", sagte der Vorsitzende Richter des 5. Strafsenats, Herbert Anderer, bei der Urteilsbegründung. Er stehe dem Ganzen nach wie vor "ratlos" gegenüber. Der Prozess habe nicht klären können, was die Angeklagten umgetrieben habe. "Haben diese Menschen gar nichts gelernt? Haben sie gar nichts verstanden?"
Die Nutzer der Plattform grüßten sich mit Nazi-Parolen
Dass es "Altermedia" nicht mehr gebe, sei die ganze Mühe des Verfahrens wert gewesen, sagte Bundesanwältin Alexandra Geilhorn. Bis zur Abschaltung durch Berlin sei es das führende rechtsextremistische Internetportal im deutschsprachigen Raum gewesen. Bisher gebe es keinen so wirkungsvollen Nachfolger.
Massenhaft wurde auf "Altermedia" nationalsozialistisches Gedankengut verbreitet, befand das Gericht. Hass gegen in Deutschland lebende Ausländer, Flüchtlinge oder Juden wurde geschürt. Für gewöhnlich grüßten sich die Nutzer der Plattform mit Nazi-Parolen. 30 Fälle mit besonders heftigen Beschimpfungen, etliche Vergleiche mit Ungeziefer, Morddrohungen oder Verleumdungen hatten die Bundesanwälte für den Stuttgarter Prozess herausgefiltert. Richter Anderer zählte beim Urteil einige davon auf - und schloss mit "jedes Wort erübrigt sich".