Süddeutsche Zeitung

Debatte über Grundsicherung:"Wir dürfen und werden Hartz IV nicht abschaffen"

  • Nach einem Vorschlag von Grünen-Chef Habeck für eine "Grundsicherung" ohne Bedingungen für Arbeitslose ist eine erneut eine Debatte um Hartz IV entbrannt.
  • Wirtschaftsminister Altmaier (CDU) hält solche Vorschläge für "hoch gefährlich".
  • SPD-Chefin Nahles möchte das Hartz-IV-System mit einem "Bürgergeld" ersetzen und kritisiert Sanktionen gegen Arbeitslose.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat Überlegungen in der SPD und bei den Grünen zur Abschaffung von Hartz IV zurückgewiesen. "Wir dürfen und werden Hartz IV nicht abschaffen", sagte der CDU-Politiker der Welt. "Solche Vorschläge sind hoch gefährlich und schaden der Zukunft unseres Landes." Die Hartz-IV-Reform von Gerhard Schröder (SPD) sei richtig gewesen und habe wesentlich geholfen, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren. "Die SPD steht auch deshalb so schlecht da, weil sie sich immer wieder gegen besseres Wissen von ihrem eigenen Handeln, wie Agenda 2010 und Hartz IV, distanziert", sagte Altmaier.

SPD-Chefin Andrea Nahles forderte in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung eine "große Sozialstaatsreform". "Die neue Grundsicherung muss ein Bürgergeld sein." Die Leistungen müssten klar und auskömmlich sein. Ziel müsse es sein zu verhindern, "dass überhaupt so viele Menschen wie heute auf Grundsicherung angewiesen sind". Trotz der hohen Ausgaben für soziale Leistungen werde der Sozialstaat von vielen Menschen nicht als Unterstützung, sondern als Hindernislauf empfunden. Dieser Vertrauensverlust sei eine große Gefahr für die Demokratie. "Die Erfahrung von Hilfebedürftigen im Hartz-IV-System ist geprägt von einer anonymen Bürokratie und der permanenten Drohung mit Sanktionen", schreibt Nahles. Viele Sanktionen träfen die Falschen.

Grünen-Chef Robert Habeck hatte diese Woche vorgeschlagen, Hartz IV in seiner jetzigen Form abzuschaffen. Er plädierte für eine neue "Garantiesicherung". Arbeitslose sollten nicht mehr dazu gezwungen werden, Jobangebote anzunehmen. Außerdem sollten Sanktionen abgeschafft werden.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wandte sich gegen den Vorschlag Habecks. Auch wenn Korrekturen an Hartz IV notwendig seien, sei es "keine gute Idee", Arbeitslose gar nicht mehr zur Aufnahme von Arbeit zu bewegen, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Erwerbsarbeit sei mehr als nur Broterwerb. "Arbeit ist Teilhabe und wichtig für den sozialen Zusammenhalt." Er sei gegen "jede Form von Stilllegungsprämien - wie immer man sie nennt".

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